Zugspitze

Kai muss ein gutes Händchen für die Tourenplanung bei gutem Wetter haben. Oder liegt es an Tobi, denn schließlich war das Wetter vor ziemlich genau drei Jahren auch nicht viel schlechter; zumindest am Gipfeltag. Oder hat Torsten in seinem großen Rucksack eine Wettermaschine eingepackt, die uns perfektes Wetter beschert.
Was auch immer…das Wetter passt und der geplanten Tour auf die Zugspitze steht nichts im Wege.
Als ich gegen 11:00 Uhr am Skistadion in Garmisch ankomme ist das Wetter zwar perfekt, aber die Parkplatz-Situation miserabel. Wenn sich hier jeder gescheit hinstellen würde, dann hätten noch einige Autos mehr Platz, aber anstatt ein bisschen mit Köpfchen einzuparken, parkt man lieber so, wie es am bequemsten ist. Am nahe gelegenen Schwimmbad sind zum Glück noch genug Parkplätze frei, so dass ich mein Auto abstellen und meine sieben Sachen zusammenpacken kann.
Ein kurzer Anruf bei Kai: Die Jungs sind schon seit knapp zwei Stunden unterwegs und brechen nun, nach einer gemütliche Pause an der Bockhütte, Richtung Reintalangerhütte auf (keine Panik, das war so geplant). Bevor es zum „gemütlichen“ Teil der Tour geht, kann ich also noch einen kleinen Trailrun einbauen.
Vorbei am Skistadion geht es Richtung Partnachklamm und davor rechts hinauf Richtung Partnachalm. So spare ich mir den Weg durch die Klamm und entgehe den Touristenmassen, denn davon werde ich die nächsten Tage noch genug sehen.
Der Weg hinauf zur Partnachalm verläuft auf einer steilen Straße und dank des schwereren Rucksacks, für zwei Übernachtungen habe ich etwas mehr Gepäck dabei, ist mein Tempo dann doch etwas gemächlicher als geplant.

Vorbei an der Partnachalm geht es über eine breite Forststraße, in ständigem Auf und Ab, zur Bockhütte. Teile dieses Weges bin ich während desZugspitz Supertrails auch schon gelaufen, aber so richtig kann ich mich nicht mehr daran erinnern.

An der Bockhütte angekommen gönne ich mir eine kurze Abkühlung an der Partnach, bevor es weiter zur Reintalangerhütte geht.

Jetzt wird der Weg wesentlich interessanter und die Forststraße weicht einem Trail, der sich nun mit moderater Steigung, entlang der Partnach, 300 Höhenmeter zur Reintalangerhütte zieht. Immer wieder hat man während diesem Abschnitt ein paar tolle Blicke ins Reintal,

bevor man an der herrlich gelegenen Reintalangerhütte ankommt.

Nach etwas mehr als zwei Stunden komme ich genau rechtzeitig an, denn die Jungs wollen gerade noch ein zweites Getränk bestellen…Perfektes Timing.
Bei diesem Wetter und mit dem etwas schwereren Rucksack reicht mir diese kleine Trailrunningeinlage für heute aus und so geht es im Anschluss im „Wandertempo“ weiter Richtung Knorrhütte.

Der Weg wird steiler und auch der Untergrund wird steiniger und je höher wir kommen, desto mehr Geröll liegt auf dem Weg.


Leider verpassen wir eine Abzweigung und steigen unterhalb der Knorrhütte durch ein Schuttkar weiter auf. Alternativ hätten wir auch die linke Variante wählen können und über einen Steig aufsteigen können.
So wird der Aufstieg nun etwas mühsamer, aber dafür weiß man schon, welche Abfahrt beim Abstieg auf uns wartet.


Auf der Hütte angekommen beziehen wir unser Nachtlager, ich gönne mir eine kalte Dusche (Duschmarken werden überbewertet) und danach geht es zum gemütlichsten Teil des Tages über.
Wie schon vor drei Jahre, fällt mir auch heute wieder auf, dass hier im Vergleich zu anderen Regionen, mehr Frauen unterwegs sind und auch oft in kleineren Frauengruppen. Überhaupt ist hier der Altersdurchschnitt wohl um einige Jahre geringer als anderswo. Die Zugspitze scheint einen besonderen Reiz auf „jüngere“ Bergsteiger/innen auszuüben.
Um 22:00 Uhr zur Nachtruhe dann das übliche Spiel. Noch einmal kurz aufs Klo, dass man sich das nachts spart und dann ab ins Matratzenlager. Die Matratzen kommen mir hier kleiner vor, als auf anderen Hütten.
Kaum liege ich im Bett, muss ich schon wieder auf Klo und da noch genug Trubel herrscht, nutze ich die Gelegenheit…dafür habe ich dann die Nacht ruhe…hoffentlich.

Gegen 2:00 Uhr werde ich wach, denn ich muss mal wieder aufs Klo. Jetzt gibt es drei Möglichkeiten: Entweder man geht sofort, nimmt den Weg langen kalten Weg auf sich und hat danach den Rest der Nacht Ruhe, oder man versucht einfach wieder einzuschlafen, schafft es auch und hält durch bis zum Morgen, oder man schläft wieder ein und wacht kurze Zeit später wieder auf, wiederholt den Vorgang und geht dann doch irgendwann mitten in der Nacht noch aufs Klo.
Mit der Hoffnung durchzuschlafen, drehe ich mich wieder um, um eine halbe Stunde später, mit Unterhose und Hüttenschuhen bekleidet, durch die kalte Hütte, in den Keller zu den Toiletten zu laufen. Danach schlafe ich wieder ein und werde einige Zeit später wieder wach, da ein Wandersmann der über mir schläft anfängt zu reden…nicht träumen oder schlafwandeln, sondern reden. Der Typ war hellwach und das hat er zu seinem Nachbarn gesagt, der auf der Matratze neben ihm lag:

…Ich verstehe Ihre missliche Lage, aber irgendwann ist es genug. Ich habe Ihnen die ganze Zeit Platz gemacht und jetzt geht es nicht mehr. Jetzt müssen auch einmal die anderen aufrutschen. Sehen Sie dieses Kissen hier? Das lag vorhin noch hier; 30cm daneben. Glauben Sie etwa, das Kissen wandert von alleine dorthin?…

Der Typ fängt also nachts um 3:30 Uhr eine Diskussion mit seinem Nachbarn an, da er offensichtlich etwas mehr Platz beansprucht. Zum Glück blieb sein gegenüber ruhig, vielleicht hat er auch gar nichts mitbekommen…ich war auf jeden Fall kurz davor die Sache zu klären indem ich den Typen einfach aus dem Lager schmeiße. Dann hat er das komplette Zugspitzplatt für sich alleine und muss sich wegen 30cm keinen Kopf mehr machen.


Am nächsten Morgen, jeder im Matratzenlager scheint die Nacht überlebt zu haben, geht es nach dem Frühstück weiter Richtung Zugspitz-Gipfel.
Der Weg bis zum SonnAlpin ist sehr interessant und bietet immer wieder tolle Ausblicke auf die umliegenden Gipfel.


Es geht über das Zugspitzplatt zum SonnAlpin und dann über das große Schuttfeld, rechts am Schneefernerhaus vorbei, zum Beginn des versicherten Steiges.

Was jetzt im Aufstieg sehr mühselig ist, kann nachher im Abstieg eine lustige Angelegenheit werden.
Der folgende Steig ist bestens versichert und führt uns nun die letzten Höhenmeter auf den Gipfel.


Je näher wir dem Gipfel kommen, desto mehr Leute tummeln sich auf den Wegen. Unterhalb des Gipfels stößt der Weg von der Wiener Neustädter Hütte auf unseren Weg und am Gipfel kommen dann noch der Weg durch das Höllental und der Jubiläumsgrat hinzu. Nicht zu vergessen die drei Seilbahnen.

Dementsprechend voll ist es auch auf dem Gipfelplateau und natürlich auch rund um das Gipfelkreuz.

Nach einem kurzen Foto räumen wir auch sofort wieder den Platz am Gipfelkreuz, denn es wollen ja auch noch andere Leute hier hin und bei manchen hat man das Gefühl, dass sie nur eine Minute Zeit haben oder der Gipfel in zwei Minuten nicht mehr da ist.

Ein Vater ist mit seiner Tochter unterwegs und die ist von dem kurzen Abstecher zum Gipfelkreuz nicht begeistert. Sie weint und zittert vor Angst, als sie wieder absteigen muss. Andere wiederum steigen an der Leiter außen an den Leuten vorbei die gerade absteigen, nur um zehn Sekunden schneller oben zu sein. Und dann gibt es noch die, die einfach nicht warten können und nicht sehen, dass gerade kein Platz ist und auf dem überfüllten Gipfel für noch mehr Platzmangel sorgen.
Leute gibt’s und es ist schon sehr verwunderlich, wie sich hier manche verhalten. Es grenzt an ein Wunder, dass hier oben nie etwas Schlimmeres passiert.

Nach dem Genuss der höchsten Weißwurst Deutschlands geht es für uns wieder an den Abstieg. Trotz der voran geschrittenen Uhrzeit (mittlerweile ist es 11:00 Uhr) strömen immer noch unzählige Menschenmassen, in der brütenden Mittagshitze, über das Zugspitzplatt nach oben.

Während die sich nun über das Geröllfeld nach oben quälen geht es für uns in einer locker, gemütlichen, schnellen Abfahrt nach unten…darauf habe ich mich schon den ganzen Morgen gefreut.
Die Hitze ist schon gewaltig, aber hier auf über 2000m noch einigermaßen erträglich. Dennoch gönnen wir uns nach dem ersten Abstieg über das Zugspitzplatt an der Knorrhütte eine kleine Pause im schattig-kühlen Gastraum.
Im Anschluss wartet das nächste Geröllfeld auf uns und danach geht es die letzten Höhenmeter hinunter ins Reintal zu unserem Nachtlager, der Reintalangerhütte.
Vor drei Jahren bin ich mit Tobias bis nach Garmisch durchgelaufen und danach stand noch eine lange Autofahrt an. Heute wollen wir uns mehr Zeit nehmen, den unendlich langen Hatscher durch das Reintal etwas entzerren und auf der absolut genial gelegenen Hütte noch einmal Quartier beziehen.
Es wäre ja auch eine Schande, wenn wir uns diese Gelegenheit, bei diesem Wetter, entgehen lassen würden.

Zudem trifft man hier auch wieder viele komische Leute, wie zum Beispiel die Weiße Massai,

und außerdem kann man an der Partnach so schön relaxen und sich im eiskalten Wasser abkühlen.
Im Laufe des Nachmittags wird es um die Hütte immer voller. Da kommt zum Beispiel ein Wanderer aus Richtung Bochkütte mit einem riesengroßen Rucksack und allerlei Gepäck. Wir erfahren später von ein paar Mädels, die ihn in Garmisch schon getroffen haben, dass er aus Aachen kommt und eigentlich heute bis zur Biwakschachtel am Jubiläumsgrat aufsteigen wollte. Was er dort mit Zeltplane, Isomatte, zweitem Paar Schuhe, Kocher, Schlafsack, Dosenfutter und dem ganzen anderen Kram anstellen wollte, das weiß nur er. Überhaupt bezweifle ich doch sehr stark, dass er es bis dort hoch geschafft hätte, nicht nur wegen dem viel zu schweren Gepäck, sondern ohne fremde Hilfe hätte er nicht einmal den Weg von Garmisch, durchs Reintal hierher gefunden. Er verbringt die Nacht auch nicht in der Hütte, sondern schlägt sein Nachtlager gegenüber, am Ufer der Partnach auf, kocht sich dort sein Essen und legt sich irgendwann schlafen. Da wandert einer durch die Berge, hat Zeltplane, Schlafsack, Kocher und alles mit dabei und schläft dann direkt neben der Berghütte. 500m weiter oben hätte er garantiert mehr Ruhe gehabt.

Ein weiterer Wandersmann, nennen wir ihn Wolverine, erzählt den ganzen Abend am Nachbartisch. Um was es genau geht weiß ich nicht, aber es sind schon ein paar komische Geschichten dabei. Er isst in der Hütte und trinkt in der Hütte, aber schlafen wird er nicht hier. Er hat nämlich seine Hängematte dabei und die befestigt er sich in einer Nacht- und Nebelaktion zwischen zwei Bäumen um Flussufer gegenüber, kommt zurück, trinkt noch ein Bier und verabschiedet sich dann wieder Richtung Hängematte. So etwas habe ich auch nicht erlebt.
Als wenn das nicht schon genug gewesen wäre, kommen gegen 23:00 Uhr ein paar leicht angetrunkene Typen ins Matratzenlager. OK, ich trinke auch gerne auf der Hütte ein Bier oder zwei, aber ich lasse dann das Licht im Lager aus wenn ich ins Bett gehe und ich unterhalte mich nicht mit den anderen Leuten lautstark, so dass es jeder mitbekommt…komische Leute sind hier unterwegs.

Um 6:00 Uhr ist die Nacht vorbei und wir werden geweckt, diesmal aber planmäßig, dann auf der Reintalangerhütte wird man morgens mit Musik geweckt…in diesem Fall mit einem Akkordeon.
Nach dem Frühstück geht es für uns auf die letzte Etappe, durch den Rest des Reintals, vorbei an der Bockhütte und der Partnachalm, wieder hinunter nach Garmisch, wo schon morgens subtropische Temperaturen herrschen.

Eine tolle Tour geht zu Ende. Die Etappeneinteilung war genau richtig. Ich habe selten soviel in den Bergen gelacht, wie an diesen drei Tagen. Zwar lockt die Zugspitze viele komische Leute an, aber ein Besuch lohnt sich immer wieder.
Übrigens trifft man hier oben auch Leute die nicht mit einem Rucksack auf den Berg gehen, sondern ihre prall gefüllt Sporttasche, lässig über die Schulter hängen.

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