The Rut

Was macht man im Sommer in einem Skiresort?
Richtig, man donnert mit dem Mountainbike über die Pisten oder, wenn man sich im Big Sky Resort in Montana befindet, dann nimmt man an The Rut teil.
Mike Foote und Mike Wolfe sind die Race Director’s dieses Events, dass neben dem 50k auch noch einen 11k, 28k und einen Veritcal K beinhaltet. Über das komplette Wochenende verteilen sich diese Events.

Vermeintlich gut akklimatisiert reisen wir am Samstag an und checken auf 2290m in unser Hotel ein. Danach machen wir uns erst einmal auf eine kurze Runde um die Beine nach der langen Autofahrt durch den Yellowstone Nationalpark zu lockern.
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Schon dieser kleine Lauf, mit einem kurzen Anstieg, lässt das Herz schneller schlagen.
Man merkt deutlich, dass die Luft hier weniger Sauerstoff enthält als weiter unten und die Atmung deutlich mehr arbeiten muss um den Körper zu versorgen.
Das Gelände ist, wie man sich eben eine Skipiste im Sommer vorstellt, recht kahl und der Untergrund sehr steinig.
Das könnte morgen eine ordentliche Ballerei werden. Eine Zeit unter 8 Stunden sollte drin sein, aber wie es mit der Höhe klappt, das wird man erst mal abwarten müssen. Wahrscheinlich wird das doch ein härterer Brocken als vermutet.
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Auf den rechten und auf den linken Gipfel geht es im Verlauf des Rennens rauf.
Der höchste Punkt, der Lone Peak, liegt auf 3403m. Dort oben wird es dann auch deutlich technischer und alpiner sein als hier unten.
Das Wetter könnte uns aber einen Strich durch die Rechnung machen.
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Mal schauen ob wir die Originalroute laufen oder ob man auf eine Alternative ausweichen wird.

Das Race Briefing startet um 18:00 Uhr in einem Zelt.
Man trifft sich in lockerer Runde, alle stehen ein bisschen rum, bis Mike auf einen Tisch steigt und mit dem Briefing beginnt.
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Kurz und schmerzlos ist er nach 15 Minuten mit Allem, inklusive der Beantwortung aller Fragen, fertig.
Wir erfahren, dass man erst morgen, eine Stunde vor dem Start, entscheiden wird, ob man auf der Originalstrecke bleibt oder die Alternative wählt. Man möchte auf der einen Seite nichts überstürzen und den Leuten das bestmögliche Erlebnis bieten, aber auf der anderen Seite auch die größtmögliche Sicherheit für die Läufer gewähren. Immerhin ist für die Nacht von Sonntag auf Montag Schnee bis hier runter angekündigt.
Es bleibt also spannend bis zur letzten Minute, was uns letztendlich erwarten wird.
Insgeheim hoffe ich natürlich, dass es bei der Originalroute mit 50 Kilometern und 3200 Höhenmetern bleibt.

The Rut Raceday

4:45 Uhr, ein kurzer Blick aus dem Fenster: Nebel!
Facebook empfiehlt mir heute einen Regenschirm einzupacken.
Das sieht nicht gut aus. Hinzu kommt, dass ich erkenne, dass ich die ganze Zeit den falschen Lone Peak auf der Wetterseite beobachtet habe. In Salt Lake City scheint heute die Sonne…hier aber nicht.
Merke: Es gibt mehrere Lone Peaks in den USA und das Teil in Salt Lake City ist nicht mal 100 Fuß höher. Den Lone Peak in Montana gibt es auf der Seite leider nicht.

Kurze später dann die endgültige Gewissheit von der Rennleitung. Der Kurs wird verkürzt. Der Lone Peak und ein weiterer Gipfel werden ausgelassen. Das Wetter spielt einfach nicht mit.
Im ersten Moment überwiegt natürlich die Enttäuschung. Gerade heute haben wir den ersten schlechten Tag seit 2 1/2 Wochen. Aber nach kurzer Zeit finden wir uns damit ab. Die Jungs und Mädels wissen was sie machen und ein Aufstieg zum Lone Peak wäre heute sicherlich alles andere als verantwortungsvoll gewesen.
So komme ich zumindest mal zu meinem ersten verkürzten Rennen und zu meinem ersten Rennen bei Sauwetter.

Wir machen uns auf in den Startbereich…raus in den kalten Morgen…rein in den leichten Nieselregen.
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Gestartet wird um 6:00 Uhr in drei Wellen. Tobi und Rupi starten in Welle 1, ich 5 Minuten später in Welle 2.; das konnte man bei der Anmeldung auswählen. So wird das Feld schön auseinander gezogen.
Ich sortiere mich in meiner Welle wieder etwas weiter hinten ein und lasse die Sache zu Beginn wieder schön gemütlich angehen.
Die ersten zwei Kilometer verlaufen auf der Forststraße mit moderater Steigung bevor der erste steile Trail beginnt.
Man biegt quasi von der blauen Familienabfahrt direkt in die schwarze, unpräparierte Piste ein.
Es dauert ein bisschen bis ich meinen Rhythmus finde, aber nach einer halben Stunde läuft es ganz gut.
Der erste Downhill ist relativ technisch. Das Licht der Stirnlampe wird vom Nebel reflektiert und der kalte Wind treibt mir die Tränen in die Augen. Spannender kann man den ersten Downhill nicht beginnen. Das macht die Sache gleich noch etwas anspruchsvoller.

Die Strecke ist wild. Wild im Sinne von, es wechseln sich Forststraßen/Skipisten mit Singletrails ab. Das geht ruckartig. Eben noch auf der Forststraße, bist du eine Sekunde später auf dem Singletrail und auf einmal mitten in der Wildnis. Irgendwann spuckt dich der Trail dann mitten in einem kleinen „Ski-Wohngebiet“ mit mehreren Lodges aus.
Die Forststraßenabschnitte machen das Rennen natürlich schön schnell, während es auf den Trails auch mal etwas gemütlich wird.
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An der ersten Verpflegungsstation angekommen, verfahre ich nach meinem mittlerweile bewährten System. Alles trinken außer Wasser, ein PowerBar Smoothie, zwei Salztabletten, Wasser auffüllen und weiter. Die Leute an den Aid-Stations sind, wie schon in Squamish, der absolute Hammer. Man bekommt seine Flask förmlich aus der Hand gerissen und kurze Zeit später hat man sie voll wieder zurück. Wahnsinn mit welcher Motivation die Jungs und Mädels hier bei der Sache sind…und das früh Morgens, mitten im Regen; denn der hat mittlerweile eingesetzt und ja, es hat sich schon schön eingeregnet.

Ich denke es war so ungefähr bei Kilometer 20, auf 2600m, nach fast 2 1/2 Stunden, da verwandelt sich der Regen schön gleichmäßig in Schnee. Schnee im September…kann man mögen oder auch nicht. Heute finde ich das eher semi-cool, aber gut, jetzt gehts halt einfach weiter.
Kurz vor der dritten Aid-Station, am für heute höchsten Punkt des Rennens auf 2938m, nutze ich das Vordach eines Toilettenhäuschens um die Jacke zu wechseln. Zum Glück habe ich morgens noch die Regenjacke eingepackt, die jetzt die durchnässte Windjacke ersetzt, und ebenfalls froh bin ich über die Wahl der 3/4-Hose anstatt der Kurzen. Jetzt wird es richtig zapfig hier oben und das Schneetreiben nimmt zu.
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Begeisterung sieht definitiv anders aus, aber wenn im Uphill der Puls sowieso etwas runter fährt, dann wird einem noch schneller kalt. Meine Handschuhe will ich nicht anziehen. Stattdessen versuche ich durch das Ballen der Faust die Finger halbwegs warm zu halten, was sogar ganz gut funktioniert, so lange ich die Bewegung nicht vergesse, weil die Konzentration im monotonen Uphill auf dieser krassen Schotterpiste einfach nachlässt.

Diese Geröllhalde ist echt übel. Krasse Action im Uphill und im Downhill geht es genauso weiter.
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Keine Ahnung wo dieser ganze Schotter herkommt, ich mag ihn auf jeden Fall nicht und bin froh, als wir auf eine schnöde Forststraße einbiegen und es gemütlich nach unten rollen lassen können.
Ein kurzer Gegenanstieg und dann geht es in den Matsch-Downhill der Verdammnis. Der Regen hat die Trails schön aufgeweicht und in eine regelrechte Schlammpiste verwandelt. Einfach versuchen es halbwegs rollen zu lassen und innständig hoffen, dass die Schuhe gescheit grippen.
Zwar gibt es ein paar schöne Slider in den Kurven, aber ich komme tatsächlich sturzfrei unten an und begebe mich direkt in den Matsch-Uphill der Verdammnis.
Jetzt wird es richtig spannend, denn von oben kommen die letzten Läufer des 11 Kilometer Rennens nach unten, während wir uns auf dem gleichen Trail nach oben arbeiten.
Ich hätte das gerne fotografisch festgehalten, aber mit nassen Händen, lässt sich ein nasses Smartphone leider nicht bedienen. Trocken ist an mir leider auch nichts mehr, so dass es mit dem Fotografieren leider nichts wird…schade.

Teilweise sehen die Leute echt aus, als kämen sie gerade von einem dieser neumodischen Hindernisläufe. Matschig von oben bis unten. Kein Hautfetzen, kein Kleidungsstück ist mehr sauber.
Stellenweise sind auf der Strecke Seile angebracht, die man an besonders steilen Stellen als Hilfestellung nutzen kann. Für manche Läufer sind die auch sicherlich sehr wertvoll, denn die Schuhwahl passt bei einigen definitiv nicht zum Gelände.

Nach dieser Schlammschlacht geht es auf den letzten Downhill Richtung Ziel, der zuerst sehr steil und dann moderat in Serpentinen über die Skihänge nach unten führt. Ein Blick auf die Uhr verrät, dass wir uns hier höhenmetermäßig unterhalb des Ziels befinden und mit einem Schlag erinnere ich mich an diesen fiesen letzten Gegenanstieg, den ich gestern im Höhenprofil ausgemacht habe…und zack, da ist er auch schon!
Es sind zwar nur 150 Höhenmeter, aber nach über 40 Kilometern können auch die nochmal ein bisschen schmerzen und auf die Motivation drücken. Zum Glück geht auch der hässlichste Gegenanstieg irgendwann in einen Downhill über und so geht es den letzten Kilometer zum Abschluss noch etwas flotter ins Ziel.

Geschafft! Die Uhr stoppt bei 43,4 Kilometern und 2180 Höhenmetern. Schickes Ding!
Eine wahre Schlamm-, Regen und Schneeschlacht war das heute. Der Kurs ist ziemlich schnell, folgt aber leider keiner logischen Linie.
The Rut
Wie man auf dem Bild erkennen kann geht es ziemlich wild durch das Skigebiet bis man quasi die 50k voll hat. Die ursprüngliche Strecke sieht nicht viel anders aus, nimmt eben nur den markanten Gipfel des Lone Mountain mit und noch einen Verbindungsgrat zu einem weiteren Gipfel.
Der kürzer 28k-Kurs hat eine wesentlich sinnvollere Routenführung und folgt einer erkennbaren Linie.

Abwechslungsreich ist das Rennen allemal, aber man sollte keine ganz so große Abneigung gegen Forststraßen und nicht ganz so technische Trails haben. Zudem sollte man steile Anstiege mögen, denn die Schnapper die hier auf der Strecke verbaut sind, die haben es echt in sich.
Schade das es mit dem Lone Peak nicht geklappt hat, aber angesichts des Wetters auf jeden Fall die richtige Entscheidung.

Alle drei sind wir zufrieden mit unserer Platzierung: Tobi 61., Rupman 114. und ich 100 (jeweils overall).

Jetzt wird es aber definitiv Zeit für eine ausgiebigere Pause. Die nächsten Tage lassen wir es im Yellowstone Nationalpark ganz gemütlich angehen, bevor es dann am Donnerstag wieder Richtung Heimat geht…
…aber heute Abend auf der After-Race-Party lassen wir es nochmal krachen.
Da wird zum Abschluss noch einmal schön an der Theke geballert!

Hier geht es zum Run-the-Snowy-Rut-Move!

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