Watzmann-Überschreitung

Nachdem ich meinen letzten Versuch vor knapp 4 Wochen wegen des vielen Schnees am Hocheck abgebrochen habe, ging es heute an den zweiten Versuch.
Pünktlich um 3:00 Uhr startet die Tour wieder am Parkplatz der Wimbachbrücke und führt mich über das Watzmannhaus zum Hocheck (2651m), dem ersten und niedrigsten Gipfel des Watzmanns. Bis zum Hocheck verlief alles wie vor vier Wochen, nur dass ich etwas schneller war und mir den Sonnenaufgang am Hocheck anschauen konnte und nicht zwischen Watzmannhaus und Hocheck. Der Weg ist natürlich wieder schneefrei und absolut problemlos zu gehen.
Am Hocheck angekommen heißt es erst einmal, Pause machen und warten auf den Sonnenaufgang.



Drei Bergsteiger haben wohl in der Unterstandshütte am Hocheck übernachtet und sich in der Zwischenzeit auf den Weg Richtung Mittelspitze gemacht. Nachdem ich mit dem Fotografieren fertig bin mache ich mich auch auf den Weg.

Der Weg auf dem Grat ist natürlich ausgesetzt und sollte nur von Leuten mit entsprechender Erfahrung, Ausrüstung, Kondition und Trittsicherheit begangen werden. Gerade in die Passagen in denen man abklettern muss gilt besondere Vorsicht. Einige Stellen sind mit Stahlseilen und Trittstiften versichert, aber keineswegs alle.
Immer wieder taucht die Frage auf, ob man für den Grat ein Klettersteigset benötigt: Bei der Watzmann-Überschreitung handelt es sich nicht um einen Klettersteig der durchgehend mit entsprechenden Stahlseilen und Tritthilfen versehen ist. Natürlich könnte man das Set an den entsprechenden Stellen einhängen, jedoch ist fraglich, ob die Konstruktion der Sturzbelastung standhält. Leute die nicht über die entsprechende Routine verfügen den Grat ohne Sicherung zu gehen sollten besser umkehren, denn es kommen genug Stellen die sehr ausgesetzt und nicht versichert sind. Was sich anbietet sind Handschuhe die einen besseren Griff am Stahlseil bieten und die Hände vor scharfkantigen Felsen schützen.

Am höchsten Punkt des Watzmanns, der Mittelspitze (2713m), angekommen, gönne ich mir eine kurze Pause bevor es auf den Weg zur Südspitze geht. Dieser Teil des Grates ist wesentlich länger als der erste Teil zwischen Hocheck und Mittelspitze.

Wie schon im ersten Teil sind auch hier die Markierungen im Normalfall sehr gut zu erkennen und die Wegfindung relativ einfach. Wenn man einmal keine Markierungen mehr sieht, dann sollte man lieber zurück zur letzten Markierung gehen und noch mal suchen, denn ein Versteigen in diesem Gelände endet sehr oft mit tödlichen Abstürzen.

An der Südspitze (2712m) angekommen gönne ich mir eine erneute Pause und genieße die herrliche Aussicht bei diesem traumhaften Wetter.


Dann geht es an den Abstieg. Der berüchtigte und gefürchtete Abstieg durch das Wimbachgries. So wie manche Leute über diesen Abstieg schimpfen muss es die reinste Qual sein. Ich persönlich finde es gar nicht so schlimm. Sicher gibt es schönere Abstiege und die Knie melden sich auch irgendwann einmal zu Wort, aber so extrem wie es manche bezeichnen ist es in meinen Augen nicht. Sicherlich bin ich einiges gewohnt und meine Muskeln und Gelenke sind relativ gut trainiert, aber wer denkt, dass er die knapp 2000 Höhenmeter bis ins Tal auf einer Rolltreppe hinunter gefahren wird, der bleibt besser zu Hause. Nach so einer tollen Tour, nimmt man den Abstieg doch gerne in Kauf.

Anfänglich klettert man im steilen, verblockten Gelände ab, aber je weiter man nach unten kommt, desto angenehmer wird das Gelände. Stellenweise sind sogar kleine Geröllfeldabfahrten möglich und kurze Downhill-Passagen laden zum Laufen ein.

Im Bereich des Schönfelds gibt es die Möglichkeit die Wasservorräte aufzufüllen, falls man alles verbraucht haben sollte; was aufgrund fehlerhafter Planung und Unterschätzung der sehr langen und anstrengenden Tour sehr oft vorkommt.

Danach warten im weiteren Verlauf des Abstiegs Richtung Wimbachtal noch ein paar steile Rinnen, die aber alle an den schwierigen Stellen versichert sind.
Hier kommt mir gegen 9:30 Uhr ein Wanderer entgegen, der von hier an noch 1000 Hm bis zur Südspitze vor sich hat. Es ist schon der vierte, der heute den eher ungewöhnlichen Aufstiegsweg wählt. Nicht nur, dass sich die Strecke durch das Wimbachgries und die Geröllpassagen nicht so schön gehen lässt wie der normale Aufstieg über das Watzmannhaus, auch muss man mit starkem Gegenverkehr rechnen und Steinschlag durch absteigende Personen. Je später man unterwegs ist, desto größer wird diese Gefahr und desto mehr ist man zusätzlich während dem Aufstieg der Sonne ausgesetzt. Für mich ist diese Variante keine Alternative.

Nach den letzten steilen Stücken geht es anschließend im gemütlichen Laufschritt durch das Wimbachgries, vorbei an der Wimbachgrieshütte und immer entlang des scheinbar endlosen Weges.

Je schneller man läuft, desto schneller ist es vorbei, denn irgendwann geht mir auch dieser Weg auf die Nerven. Am Anfang war der Trail noch interessant und angenehm zu laufen, aber der Forstweg hängt mir irgendwann zum Hals raus. Wenn etwas während des gesamten Abstieges nervt, dann ist es sicherlich das letzte Stück von der Wimbachgrieshütte bis zum Parkplatz an der Wimbachbrücke.
Doch auch dieser Weg ist irgendwann zu Ende und so komme ich nach 7 Stunden und 45 Minuten wieder am Auto an.
Nicht umsonst zählt die Watzmann-Überschreitung zu einer der schönsten Überschreitungen in den Ostalpen. Es ist ein wahrer Genuss auf dem Grat vom Hocheck bis zur Südspitze zu gehen und dabei die herrlichen Weit- und Tiefblicke zu genießen. Man sollte früh genug aufbrechen, um vor dem großen Ansturm am Grat zu sein. So hat man seine Ruhe, muss niemanden auf dem Grat überholen und ist weniger durch Steinschlag gefährdet. Die Tour sollte aufgrund ihrer Länge und Ausgesetztheit nicht unterschätzt werden und nur von erfahren Bergsteigern begangen werden. Zuviel ist hier schon passiert, aufgrund der falschen oder fehlenden Ausrüstung und aufgrund von Überschätzung der eigenen Fähigkeiten. Einplanen sollte man für die gesamte Tour 12-15 Stunden.

Meine Zeiten:
Wimbachbrücke – Watzmannhaus 1 Stunde 30 Minuten
Watzmannhaus – Hocheck 1 Stunde 15 Minuten
Hocheck 45 Minuten Pause
Hocheck – Mittelspitze 25 Minuten
Mittelspitze 5 Minuten Pause
Mittelspitze – Südspitze 1 Stunde
Südspitze 20 Minuten Pause
Südspitze – Wimbachgrieshütte 1 Stunde 40 Minute
Wimbachgrieshütte – Wimbachbrücke 45 Minuten
Gesamt: 7 Stunden 45 Minuten (Gehzeit: 6 Stunden 35 Minuten, Pausen: 1 Stunde 10 Minuten)

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