Trail-Abenteuer am Gardasee

Eigentlich wollte ich schon im letzten Jahr für ein paar Tage an den Gardasee, aber da war das Wetter bei uns so gut, dass ich lieber hier geblieben bin. Dieses Jahr sah die Sache etwas anders aus und so machte ich mich am Samstag für einen Kurzurlaub auf, in Richtung Gardasee.
Voller Euphorie und Vorfreude geht es im strömenden Regen vorbei am Chiemsee, bei 4 Grad über den Brenner, hinunter ins 18 Grad warme Trentino, nach Riva del Garda. Dort wird meine Euphorie dann erst einmal etwas gedämpft, denn der ursprüngliche Plan, auf irgendeinem abgelegenen Parkplatz im Auto zu übernachten, geht wohl nicht auf. Die abgelegenen Wanderparkplätze wie wir sie kennen scheint es hier nicht zu geben, also muss „Plan B“ herhalten: Ausweichen ins Hotel.
Die Dame in der Tourist-Info ist alles andere als begeistert, als ich um 12:39 Uhr, eine Minute vor ihrer Mittagspause, im Büro stehe. In einem leichten Anfall von schlechter Laune sucht sie mir ein paar Hotels raus, gibt mir einen Katalog und einen Stadtplan und macht mir dann auch schon deutlich, dass sie wohl großen Hunger hat und sich nun auf ihre Pause freut.
Passt schon, denke ich mir und überfliege kurz die Hotelliste, werde fündig und beziehe wenig später mein Zimmer in einem kleinen Hotel am Ortseingang von Riva, in direkter Nähe zum See und nicht weit von der Altstadt entfernt.


Da ich mein Zeug sowieso nur in zwei Kisten gepackt habe, muss ich auch nichts ausräumen, packe meinen Rucksack und mache mich auf zu einer kleinen Runde.
Durch Gripmaster, der vor kurzem mit dem TRAIL-Magazin-Lesercamp hier unterwegs war, weiß ich ungefähr wo der Einstieg zu ein paar tollen Trails sein muss. Auf den Übersichtsbildern die er mir geschickt hatte, beginnen die Routen am oberen linken Ende des Sees.

Also geht es raus aus dem Hotel (wohlgemerkt in kurzen Hosen) und an der Uferpromenade entlang zum vermeintlichen Trailbeginn. Der Weg dorthin ähnelt schon einem Hindernislauf, denn hier ist die Hölle los. Unmengen an Menschen tummeln sich auf den Wegen, in den Cafes, Bars und auf der Straße…ob ich da irgendwo auch meine Ruhe finde. Am Ende der Promenade geht es links entlang der Straße und anschließend die erste kurze Steigung nach oben. Ein Trail ist das hier noch nicht, aber es geht zumindest schon mal bergauf.

Dann ein breiter Weg. Zwar immer noch nicht das wonach ich gesucht habe, aber der Untergrund gefällt mir schon wesentlich besser. Viele Fahrradfahrer, vom gemütlichen Sonntagsfahrer bis hin zum rasanten Downhiller, sind hier unterwegs.

Dann ein Abzweig nach rechts. Zu irgendeinem Klettersteig soll es da gehen, aber noch ist kein Stahlseil in Sicht und solange man noch laufen kann, schaue ich mir die Sache doch mal etwas genauer an.
BINGO!
Da ist er. DER Singletrail!

Genau danach habe ich gesucht. Ein schmaler Trail der sich in schier unendlichen Serpentinen nach oben zieht. Immer weiter schraubt er sich in die Höhe und die Boote auf dem See werden immer kleiner.

Vor einer halben Stunde habe ich mich noch durch Menschenmassen gekämpft und jetzt laufe ich auf einem genialen Trail mitten durch die Natur und keine Menschenseele weit und breit. Wer hätte das gedacht?

Irgendwann zieht sich der Trail um den Berg und verläuft nach unten in ein kleines Tal. Da ich keine Karte habe und für heute auch nur ein kleiner Ausflug auf dem Programm steht, beschließe ich umzukehren und den Downhill zu genießen.

Zuvor muss aber erst noch der Stein aus dem Schuh, der mich die letzten Meter ganz schön nervt. Komisch…da ist ja nichts drin. Also Schuh an und weiter geht. Immer noch…das gibt es doch nicht. Schuh aus und die Socke abgetastet…Nichts. Schuh umdrehen…

…ah ja. Irgendein Eisen-Nagel-Biege-Dings hat sich durch die Sohle gebohrt. Zum Glück ist die Sohle dick genug bzw. des Teil nicht ganz so lang, denn sonst hätte es schmerzhaft werden können. Ein Loch in der Sohle sorgt für Belüftung und eine Gore-Tex-Membran hat der Schuh sowieso nicht; dann ist es auch nicht so schlimm.
Der Downhill ist grandios und macht richtig Spaß. Schmale, enge Kurven und der See rückt immer näher.

Auf dem Weg zum Hotel gönne ich mir noch ein Eis und kaufe mir für die morgige Tour eine Karte, dass ich zumindest grob abschätzen kann wo ich mich rumtreibe.

Heute wird es etwas länger. Wie lange? Keine Ahnung! Wohin? Keine Ahnung!
Zunächst geht es erst mal wieder entlang der Uferpromenade, durch die Altstadt, zum Ende des Sees. Dann entlang der Straße Richtung Stadtzentrum und schließlich nach links, über einen breiten gepflasterten Weg, hinauf zur Bastion und von dort aus weiter zur Santa Barbara Kapelle.

Auch hier fragt man sich am Anfang, wie lange sich dieser gepflasterte Weg noch ziehen mag, bis man an die markante Schlüsselstelle gelangt und das Trail-Herz höher schlägt.

Italiener können zwar kein Fußballspielen, aber dafür haben sie andere Qualitäten. Sie machen gute Eis, leckere Pizza und wissen wie man Wege anlegt, dass sie sich in möglichst vielen Serpentinen nach oben schrauben.

An der Kapelle angekommen geht es über eine lange Eisenleiter, weg von den Wanderern und Klettersteig-Gehern, auf den Singletrail.
Und es ist schon wieder so ein fantastischer Singletail wie gestern. Genauso schmal und mit genauso tollen Blicken auf den See und die Umgebung und genauso einsam.

Das erste Ziel des Tages ist die Cima Sat, ein 1246m hoher Gipfel, auf den auch ein bekannter Klettersteig führt.
Kurz vor dem Gipfel schlägt das Wetter um. Zwar haben sich die Wolken die ganze Zeit schon vor die Sonne geschoben und sind auch sehr dunkel geworden, aber mit Graupelschauer habe ich nicht gerechnet.

Etwas unangenehm ist es schon, aber dadurch, dass die Beine ständig in Bewegung sind ist es auch in kurzen Hosen noch angenehm kühl und obenrum schützt mich meine Regenjacke.
Die letzten Meter zum Gipfel spare ich mir, da sowohl der Fels als auch das Stahlseil durch den Niederschlag sehr rutschig sind und ich kein unnötiges Risiko eingehen möchte.
Also stürze ich mich in den Downhill, der ich aufgrund des feuchten und steinigen Untergrunds etwas langsamer angehe.

Der Trail spuckt mich wieder auf einen breiten Wanderweg und weiter geht es nach Campi. Von dort aus geht es weiter über Pranzo, Tenno, Cologna und keine Ahnung welche Dörfer und Ortschaften, hinüber nach Arco.
Das Geniale an der Sache ist, dass immer wieder kleine Trails die einzelnen Ortschaften miteinander verbinden und man sich so viel Asphalt spart.

Die letzten vier Kilometer bleibe ich dann aber vom Asphalt nicht verschont und gönne mir zur Belohnung erst einmal eine Cola in Arco.
Arco, dass Kletterparadies. Dort wo jeder auffällt, der keine Outdoor-Klamotten trägt. Wahnsinn was hier los ist.
Durch die Altstadt von Arco geht es weiter zum Campingplatz am Colodri. Dort treffe ich mich mit Gine, die ihren Urlaub hier verbringt und zum Abschluss des Tages noch eine kleine Runde laufen möchte. Sie bietet mir zwar an, mit mir zusammen nach Riva zu laufen, aber nach sechs Stunden kann mich nichts mehr schocken (denke ich…haha) und ich beschließe, sie auf ihrer kleinen Runde zu begleiten. Außerdem ist ihre Runde bestimmt viel toller, als der öde, flache Weg von Arco nach Riva.
Wir starten am Campingplatz und bahnen uns den Weg zum Fuße des Colodri. Vorbei an Felsblöcken und Felswänden wo es von Kletterern und Boulderern nur so wimmelt. Am Fuße angekommen geht es über den Klettersteig (Sentiero del Colodri B/C) weiter. In einem Affenzahn fliegen wir die Wand nach oben und kommen nach nur 16 Minuten am Ausstieg an.

Ich bin noch nie einen Klettersteig nach oben gerannt und dementsprechend brauche ich auch jetzt erst mal eine kurze Pause.
Danach geht es weiter, zunächst zum großen Gipfelkreuz und dann immer auf dem Plateau weiter nach hinten, bis zum Ende.

Ein genialer Trail zieht sich über den kompletten Berg und stürzt am Ende wieder rasant nach unten. Durch eine kleine Siedlung, mit der Möglichkeit die Wasservorräte an einer Kirche aufzufüllen, führt uns der Weg wieder in die Altstadt von Arco.
Hier verabschiede ich mich von Gine, danke ihr für die kleine Runde, und mache mich auf den Weg zurück nach Riva del Garda.
Dieses letzte Stück gehe ich aber, denn nach acht Stunden habe ich für heute genug vom Laufen.

Vielen Dank an Gripmaster für den Trail-Tipp und vielen Dank an Gine für die kleine Runde zum Abschluss.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.

32 Gedanken zu “Trail-Abenteuer am Gardasee”