Salomon Zugspitz Supertrail 2012

Wahnsinn, atemberaubend, Freude, Schmerzen, Schweiß, Krämpfe, Food Station, Emotionen, auf und ab…

…aber ich fange mal von vorne an.

Wie ich auf die Idee gekommen bin, beim Salomon Zugspitz Supertrail zu starten, das habe ich hier schon erzählt.

Jetzt ist es also soweit, Freitag 22.06.2012 und um 07:00 Uhr klingelt der Wecker. Eigentlich hätte ich ihn nicht stellen müssen, denn die Nacht war sehr unruhig und ich bin schon vor dem Wecker wach. Vielleicht lag es an den Kompressionssocken, die in Verbindung mit dem warmen Wetter und der Bettdecke für etwas zu hohe Temperaturen gesorgt haben oder es war einfach nur die Aufregung oder eine Mischung aus Beidem.
Wie auch immer, die Sachen sind gepackt, ich bin wach, also schnell etwas essen, Wasser ins Gesicht und los gehts…ab nach Grainau. Das erste Lied im Radio ist „Tage wie diese“, wenn das mal kein gutes Zeichen ist und noch dazu, den Supertrail immer im Blick.

In Grainau angekommen läuft dann alles ohne Probleme. Gästehaus gefunden, Auto parken und dann erst mal ab zur Registrierung.

Der frühe Vogel fängt den Wurm und innerhalb kürzester Zeit bin ich durch und habe mein gut gefülltes Starterpaket mit allen nötigen Utensilien und Gimmicks empfangen.
Nächste Station ist die Expo, die sich in direkter Nähe zur Registrierung und Zielbereich befindet, auf der einige Hersteller ihre Produkte präsentieren.

Hier mal schauen, da mal schauen und dann geht es auch schon wieder ab Richtung Unterkunft, umziehen und ein letzter kurzer Lauf, um dem Körper zu signalisieren, dass es bald losgeht.
Eine knappe halbe Stunde etwas bergauf und bergab sollte genügen, um die Muskeln aufzuwecken und die nötigen Impulse zu geben.
Danach geht es unter die Dusche und anschließend wird alles für den großen Lauf vorbereitet.

Auf der Expo steht nun der Fototermin mit den Leuten aus dem TRAIL-Forum auf dem Programm. So bekommt man ein Gesicht zu den Namen aus dem Forum und die persönliche Trail-Familie wächst und wächst.

Bei der anschließenden Pasta-Party werden nicht nur Kalorien geladen, sondern auch Erfahrungen und Informationen ausgetauscht.

„Was läufst du?“
„Die 100 und du?“
„Den Kleinen!“

„Was läufst du?“
„Den Ultratrail und du?“
„Ich laufe den Großen, aber andere laufen den Größeren!“

Geniales Support-Team!

Bevor es mit dem offiziellen Briefing weiter geht, erlebe ich meine zweite Überraschung des Tages:
Auf der Expo habe ich schon Tobias und Niklas getroffen, die auf der Durchreise von Darmstadt nach Kitzbühel, in Garmisch ein Quartier bezogen haben und mich noch kurz besuchen wollten.
Jetzt stehen auf einmal Nina, Kai und Torsten im Zelt…ich traue meinen Augen nicht. Die drei haben sich über 400 Kilometer auf den Weg gemacht um mich morgen an der Strecke zu unterstützen…einfach so…und von langer Hand geplant…GIGANTISCH! Mein persönliches Support-Team!

Public viewing gibt es im Anschluss an das Briefing natürlich auch noch, aber nach der ersten Halbzeit geht es für mich wieder Richtung Unterkunft, noch mal heiß duschen und dann ab ins Bett, Fußball schauen, jubeln, Fernseher aus, schlafen.

Nur einmal bin ich in der Nacht wach geworden, was dazu führt, dass ich um 05:00 Uhr, als der Wecker klingelt, relativ fit bin.
Jetzt heißt es Rucksack packen, noch mal alles durchgehen, eine Schüssel Müsli mit Chia Samen verputzen, Wasser ins Gesischt und dann geht es auf zum Sammelpunkt für den Shuttle-Bus nach Leutasch Weidach. Dort startet der Supertrail, während der Ultrarail hier in Grainau startet.

Als wir in Leutasch Weidach ankommen, fällt der Startschuss zum Ultratrail in Grainau. Wir müssen uns noch gedulden und jeder nutzt die verbliebene Zeit, bis zum Start um 09:00 Uhr, auf seine Weise.

Irgendwann ist es dann soweit und der Startbereich wird geöffnet, den wir nach einer kurzen Rucksackkontrolle betreten dürfen.
Da stehen wir nun, über 300 verrückte Typen und Typinnen und warten auf den Startschuss.

Der Startschuss fällt pünktlich um 09:00 Uhr und genau in diesem Moment, als ich beginne mich mit der Masse langsam in Bewegung zu setzen, frage ich mich zum ersten Mal:
„Warum mache ich das überhaupt?“

Der Zugspitz Supertrail hat mich!

Das fängt ja gut an, aber wenn ich schon mal hier bin, dann kann ich jetzt auch laufen.
Die ersten Kilometer verlaufen noch relativ flach und haben immer wieder ein paar kurze Downhill-Passagen dabei.

Ein Blick auf die Uhr verrät mir, dass wir zwar schon über 30 Minuten unterwegs sind, aber kaum an Höhe gewonnen haben und ich dachte es geht hier bergauf. Hätte ich das Profil mal besser studiert, dann wüsste ich, dass bis zum ersten „richtigen“ Anstieg, drei Downhills immer wieder dafür sorgen, dass sich einige der überwundenen Höhenmeter in Luft auflösen.

Nach neun Kilometern beginnt dann der Anstieg zum Scharnitzjoch (2048m), dem höchsten Punkt des Supertrails. Ab hier entscheide ich mich auch, bergauf nicht mehr zu laufen, sondern nur noch zu gehen, um durch den gezielten Stockeinsatz Kraft für die Downhills zu sparen. Hinzu kommt, dass ich bergauf mit Stöcken im Normalfall schneller gehe als laufe.

An der Hämmermoosalm wartet nach 10,8 Kilometern die erste Verpflegungsstation. Iso, Wasser, Erdnüsse, Rosinen und Orangen geben hoffentlich die nötige Kraft für den ersten harten Anstieg.

Kurz nach der Alm treffe ich auch das erste Mal auf mein persönliches Support-Team – Das gibt Kraft und Motivation.

Trotz der super Motivation schalte ich einen Gang zurück und werde etwas langsamer. Auf dem ersten Stück habe ich mich wohl etwas zu sehr von dem Tempo mitreisen lassen und jetzt tut es mal ganz gut Geschwindigkeit rauszunehmen.
Ein letzter kurzer Downhill vor dem Anstieg zum Scharnitzjoch.

Es ist bewölkt und leichter Nebel zieht auf, aber die Temperaturen könnten besser nicht sein. Nicht zu warm und auch nicht zu kalt, kein Regen, ab und an schaut die Sonne aus den Wolken hervor…hervorragendes Wetter.
Optimal für diesen Anstieg, der von unten schon erahnen lässt, wie schwer es wird dort hoch zu kommen.

Ich finde meinen Rhythmus und schraube mich Meter für Meter nach oben; mal werde ich überholt, dann überhole ich wieder.
Oben angekommen die große Frage: Soll ich lachen oder weinen. Lachen, weil ich es geschafft habe oder weinen, weil das erst der Anfang war.
Ich entschließe mich für Variante 3, kurze Pause und ab nach unten.

Was nun folgt ist ein langer Downhill über 7,8 Kilometer und mit über 1000 Höhenmetern, mit einem kurzen Gegenanstieg, hinunter zur zweiten Verpflegungsstation am Hubertushof. Auch wenn der Downhill absolut genial erscheint, hat Julia davor gewarnt, sich hier zu sehr auszupowern, denn das könnte sich im weiteren Verlauf rächen.

Ich gehe die Sache also etwas langsamer an und genieße diesen ersten, langen Downhill, über ein paar letzte Schneefelder und einen tückischen, matschigen Grashang. Vor mir zieht es zwei Läufern die Beine auf diesem Hang weg und ich denke mir noch; können die denn nicht langsam machen oder haben die Typen keinen Grip?
*Zack-padautz* zieht es mir die Füße weg und nur mit Mühe und Not kann ich mich noch abfangen, ohne auf dem Hintern zu laden…ganz schön rutschig hier oben.
Kurz bevor der Trail in den Wald führt und die Almfläche verlässt kommt mir von unten Denis entgegengelaufen. Er ist auf der Strecke unterwegs um die Leute anzufeuern und dass ich ihn gerade hier treffe, damit hatte ich nicht gerechnet.

Da taucht der Typ einfach so aus dem Nichts auf und feuert mich an, klatscht ab und schickt mich mit den Worten: „Da kommt jetzt ein schöner Downhill, da kannst du es krachen lassen, genieße es!“ (oder so ähnlich), auf die Reise…vielen, vielen Dank für die Motivation!
(Dieser Moment wird mich noch so manches Mal auf den nächsten Kilometern einholen)

Zur Verdeutlichung:
Das ist ungefähr so, wie wenn man mit seiner Hobby-Fußballmannschaft auf einem großen Turnier spielt und der Herausgeber des „kicker“ feuert die Mannschaft an.
Oder, wenn man als Kind einen Mickey-Mouse-Cartoon im Fernsehen anschaut und Walt Disney auf einmal ins Wohnzimmer kommt.

Und der folgende Downhill-Abschnitt wird wirklich genial. Schmal, steil und mit Stufen durchsetzt schießt der Trail im Wald nach unten. Es läuft und der Motor kommt gut Fahrt. Ich überhole zwei Briten, die sich nur fragen: „Oh man, how long is this shit fuc$%§* trail?“; aber bei mir läuft es super und ich kann nicht genug davon bekommen. Aber auch dieser Downhill geht einmal zu Ende und der kommende Gegenanstieg holt mich schnell wieder zurück auf den Boden der Tatsachen. „Food Station 1 km“ und langsam sieht man auch wieder mehr Zuschauer/Wanderer an/auf der Strecke. Die Stimmung ist super und das Klatschen schiebt mich zur nächsten Verpflegungsstelle, auch wenn so ein einziger Kilometer ganz schön lang sein kann; und er wird noch länger wenn in der Mitte ein Schild mit „Food Station 500m“ steht.
An der Verpflegungsstelle treffe ich wieder auf mein Support-Team und auf Michael, der auf Antje wartet, die sich mit 16:27,50 den dritten Platz bei den Damen im Ultratrail sichern wird.
Ich stärke mich mit Iso, Wasser und Orangen und mache mich wieder auf den Weg.

Der lange Marsch

Die nächsten 9,6 Kilometer werden wohl die härtesten meines Lebens. Es geht entlang der Leutascher Ache, durch die Geisterklamm, nach Mittenwald. Ich habe kein Problem damit auf breiten Forstwegen oder auf Asphalt zu laufen, aber nicht wenn es nur gerade dahin plätschert.
Die ersten drei Kilometer laufe ich noch relativ flott, aber dann wollen die Beine nicht mehr. Tonnenschwer sind sie auf einmal, und trotz der Versuche mit Hilfe der Stöcke einen auf Nordic-Walker zu machen, kann ich nur noch gehen. Irgendwie klappt das mit dem Laufen im Flachen nicht so wirklich und dann kommen auch noch die ersten Krämpfe.
Sobald ich die Stöcke zu sehr einsetze, verkrampft mein Trizeps und wenn ich sie nicht richtig festhalte, verkrampfen meine Hände. Ist mal eine Abwechslung, verkrampfen doch sonst eher meine Unterschenkel, aber dieses Mal, sind wohl die oberen Extremitäten dran.
Der Weg zieht sich und zieht sich und ein einziges Schild sorgt für Motivation.

Nur noch 40 Kilometer, das ist weniger als ein Marathon. Zwar bin ich noch nie einen Marathon gelaufen, aber schon einen Halbmarathon und 40 Kilometer sind weniger als zwei Halbmarathons, denn 1/2 + 1/2 = 1 und 1 = 42,195 und 42,195 > 40 …ja, solche Sachen gehen einem da durch den Kopf.
So zieht sich dieser endlose Weg bis nach Mittenwald zur dritten Verpflegungsstation.
Diese wurde zusätzlich aufgebaut und war ursprünglich nicht geplant, ist aber sehr, sehr wichtig, denn sie gibt die nötige Kraft, die man nach so einem elenden Hatscher brauch und bis zur nächsten Verpflegungsstation ist es noch ein Stück. Hinzu kommt, dass hier ziemlich genau Halbzeit ist. 34,2 Kilometer sind rum und 34,6 Kilometer warten noch. Ein Grund zum feiern und deshalb gönne ich mir ein Stück Schokolade, zu den üblichen Verdächtigen: Iso, Wasser und Orange.

Bei solch einem Lauf trifft man immer wieder auf die gleichen Leute. Man überholt sich und trifft sich meist wieder bei der Pause an den Verpflegungsstellen. So treffe ich zum Beispiel immer wieder auf Karl-Heinz mit der genialen Startnummer 1234 oder Matthias, den ich immer an den folgenden „Food Stations“ treffe, nachdem wir uns meistens irgendwo auf der Strecke dazwischen überholt haben.

Nach dem Stopp in Mittenwald geht es endlich wieder bergauf. Nach einem kurzen Stück Straße geht es auf einem schmalen Steig durch den Wald, hinüber zum Ferchensee. Das erste Stück bergauf motiviert, ich fange sogar an zu der Musik, die mein magischer MP3-Player spielt, zu singen.
Dann schießen mir auf einmal viele Sachen durch den Kopf: Es geht bergauf, toller Trail, cooles Event, die Hälfte ist geschafft, mein Support-Team, Denis der mir beim Downhill vom Scharnitzjoch entgegen kam…Kopfkino deluxe und ein bisschen treibt es mir das Wasser in die Augen…alles richtig gemacht.
Einzig das letzte Stück um den Ferchensee zieht sich wieder etwas, aber die „Food-Station“ ist schon in Sicht.

Jetzt gönne ich mir sogar Salami und Käse, setze mich kurz hin und entspanne einen Moment, bevor ich es gerade noch schaffe die Kamera aus der Tasche zu ziehen, um Julien Chorier im Vorbeilaufen zu fotografieren.

Julien ist der Führende auf der Ultratrail-Strecke, schon knappe zwei Stunden länger unterwegs als wir und hat dazu schon über 30 Kilometer mehr in den Beinen. Er wird den Ultratrail in einer Zeit von 11:55,37 gewinnen.
So locker wie er an uns vorbei läuft, so bin ich den ersten Kilometer heute auch gelaufen.

Like a Star

Es geht weiter, zunächst knappe sieben Kilometer auf einer Forststraße, mit ein paar schönen Steigungen und einer kurzen Bergab-Passage, bevor es den Kälbersteig nach unten ins Reintal geht.

Ein toller Singletrail, der sich aufgrund der trockenen Witterung sehr gut und schnell laufen lässt. Wieder bin ich überrascht, wie gut ich unterwegs bin, obwohl ich mittlerweile schon über 45 Kilometer in den Beinen habe.
Am tiefsten Punkt der Tour, auf 810m, angekommen, gibt es natürlich wieder Essen und Trinken. Hier treffe ich auch wieder auf Marcus, der schon bei der Pasta-Party überlegt hat, wo er mich schon einmal gesehen hat. Als ich ihm sage, dass ich der Typ von uptothetop.de bin, weiß er woher er mich kennt.
*Cool, jemand hat mich erkannt!*

Jetzt beginnt der letzte „große“ Teil. Der finale Anstieg zur Bergstation der Alpspitzbahn, auf dem Osterfelderkopf. Zwar ist dies mit 2029m nicht der höchste Punkt des Supertrails, aber mit über 1200 Höhenmetern, der längste Anstieg des Tages.
Zeit für etwas Motivation:

Nicht mal mehr ein Halbmarathon und unterhalb der Partnachalm treffe ich wieder auf mein Support-Team. Ihnen übergebe ich erst einmal meine 200gr Rosinen, die ich seit dem Morgen mit mir herum trage und tausche sie gegen einen halben Liter kalte Cola. Herrlich, das gibt Kraft und sorgt für Abwechslung nach all dem Iso und Wasser. So langsam kann ich es nicht mehr sehen, geschweige denn trinken.

Inzwischen ist Philipp Reiter in Grainau angekommen und hat seinen Titel beim Supertrail souverän verteidigt. Neuer Streckenrekord: 6;49,59
*Zauberlehrling du bist der Wahnsinn!*

Bestens gestärkt geht es für mich entlang einer Forststraße, stellenweise sehr steil, zu einem schmalen Singletrail, der sich in vielen Serpentinen durch den Wald nach oben zieht, geradewegs zur Talstation Längenfelder, der letzten und vorletzten Verpflegungsstelle.

Dieses Stück hat es in sich, aber die „Powerbrause“ gibt mir Kraft und schiebt mich nach oben. Der Trail spuckt mich, total durchgekaut und fertig, auf eine Forststraße, wenige Meter unterhalb der „Food Station“. Noch ein paar motivierende Worte von Gine und dann geht es geradewegs zum Auffüllen der Energiespeicher für den finalen Anstieg. Diesmal gibt es auch einen Becher Powerbrause und natürlich Iso, Wasser und einen kleinen Bissen für zwischendurch.

Jetzt geht es wieder auf der Forststraße nach oben. Breit und geschottert, eigentlich nicht mein Ding, aber egal: Hauptsache hoch! 419 Höhenmeter, der letzte Anstieg, das letzte Mal bergauf…genießen oder einfach nur rumkriegen.

Oben angekommen macht sich Erleichterung breit. Nicht nur bei mir, sondern bei allen, die es bis hierher geschafft haben und nun dem finalen Downhill entgegen sehnen. 1310 Höhenmeter geht es jetzt auf 8,8 Kilometern nach unten.
Ein letzter Jubelschrei und ich stürze mich auf dem genialen Singletrail in die Tiefe. Es läuft und wie es läuft. Jetzt kann ich noch mal alles raushauen. Ich muss nicht mehr für irgendwelche Anstiege meine Kräfte schonen oder auf langen Geraden mit dem Forststraßen-Teufel kämpfen. Nur noch runter, runter, runter.
Im Downhill-Fieber treffe ich den Gripmaster der mit seiner Video-Kamera auf dem Trail unterwegs ist. Er verfolgt mich ein paar Meter und vielleicht reicht meine Performance ja aus, für eine Nebenrolle im nächsten Trail-Blockbuster.

Ein letztes Schneefeld,

ein kleiner Anstieg, eine etwas flache Passage und dann ist auch schon wieder die „Food Station“ in greifbarer Nähe.

Hier könnte ich mir jetzt Nudeln reinziehen, belasse es aber bei Wasser und Tee und mache mich, ohne groß Zeit zu verlieren, an den weiteren Abstieg.
Es läuft noch immer super und auch wenn ich für den Stockeinsatz nicht immer die besten Haltungsnoten bekomme, fräße ich mich doch kontinuierlich nach unten. Mit 63 Kilometern in den Beinen noch so nach unten zu rennen…das hätte ich nie gedacht. Vielleicht komme ich sogar noch vor 21:00 Uhr ins Ziel, aber als ich um 20:45 Uhr das „5 km to go“-Schild sehe, verabschiede ich mich von dieser Idee, nicht aber von meinem Tempo.
Jeder Meter des Downhills hämmert sich in meine Oberschenkel…egal, das passt schon, auf gehts.
Downhill-Rausch, auch auf den steilsten Stücken, die fast senkrecht nach unten stürzen.
Es läuft einfach verdammt gut und als mich der Trail zuerst auf die Forststraße, diese dann auf einen breiten Wanderweg und dieser mich auf die Straße durch Grainau spuckt, weiß ich, dass ich es geschafft habe.

Noch ein bisschen Gehen und dann auf dem letzten Kilometer noch einmal alle Kräfte sammeln und ins Ziel laufen.
Auf dem letzten Kilometer ist ganz schön was los. Die Leute winken aus den Fenstern, stehen im Garten und feuern jeden an der vorbei läuft, winken vom Balkon oder machen am Straßenrand eine La-Ola-Welle…man wird förmlich ins Ziel getragen.

Emotionen

Da ist die Ziellinie, ich setze zum Sprung an, drücke mich ab, hoffe in der Luft, dass ich keinen Krampf bekomme, lande und dann ist es geschafft.

Ich könnte heulen, schaffe es aber nicht. Wahrscheinlich habe ich meine Tränenflüssigkeit ausgeschwitzt.
Mein Support-Team ist natürlich auch da…gigantisch. Cola haben sie für mich und viele, viele Glückwünsche.

Woohaa!, was ist hier los? Was ist die letzten 12 Stunden passiert? Was war das? Wo bin ich? Wer bin ich? Wieso habe ich das gemacht? Habe ich das überhaupt gemacht? Was ist das? Was ist was?
Fragen über Fragen, die sich im Laufe der Zeit beantworten werden.

Es geht zur Chipabgabe und dann erst einmal unter die Dusche. Auf dem Weg zur Unterkunft kann man die Johannifeuer auf den umliegenden Bergen erkennen.

Eine ausgiebige Dusche nach dieser Anstrengung ist Gold wert.
Frisch geduscht geht es nun daran, dem Magen wieder etwas Größeres zuzuführen. Mal schauen ob es gelingt.
Standesgemäß gibt es einen Zugspitzburger,

der auch ohne Probleme im Magen bleibt. Nur beim Bedienen der Gabel verkrampfen meine Hände manchmal. Ist schon ne coole Sache, wenn der Daumen sich nicht mehr bewegen lässt und man ihn langsam zurückbiegen muss.
Nach dem Essen geht es ab ins Bett, nachdem ich mich von meinem Support-Team verabschiedet habe.
Nochmals vielen, vielen Dank…ihr seid die Besten!

Die Nacht war relativ unruhig. Der Körper hat viel gearbeitet und sicherlich bin ich auch im Schlaf noch gelaufen. Die Beine fühlen sich nicht so schwer an wie befürchtet und laufen kann ich auch noch. Das Gefühl, ich hätte noch immer Kopfhörer im Ohr, ist endlich verschwunden.
Frühstück (unter anderem mit eingelegten und mit Käse gefüllten Peperoni…hmmm lecker!), Bude räumen, Auto beladen und dann ab zur Siegerehrung.

Hier trifft man noch mal auf alte Bekannte, neue Bekannte und Unbekannte, tauscht sich aus und genießt die letzten Momente in der großen aber doch kleinen Trail-Familie.

Ich ergattere noch ein Foto mit Philipp und Julien

und mache mich anschließend auf den Weg…
…nicht nach Hause, sondern 825km quer durch die Republik.

Wer über 12 Stunden laufen kann, der kann am nächsten Tag auch sieben Stunden Auto fahren.

Ein tolles Wochenende geht zu Ende mit vielen unvergesslichen Momenten.
Alle Eindrücke habe ich noch nicht verarbeitet und sicherlich werde ich auch noch etwas Zeit brauchen. Es war eine geniale Sache und obwohl ich nach meiner Ankunft im Ziel nichts mehr vom Laufen wissen wollte, so kann ich mich mittlerweile durchaus mit dem Gedanken anfreunden, wieder an solch einem Event teilzunehmen, auch wenn sich meine Oberschenkel heute (Montag) anfühlen, als wären sie mit einer Mischung aus Chili, Beton und 1.000.000 Stecknadeln gefüllt.
Ich habe noch nie so viel geschwitzt und soviel an einem Tag getrunken.
Auf der Verpackung meiner Magnesium-Tabletten steht: Eine halbe Tablette pro Tag, bei sportlicher Betätigung eine Tablette. Die Verpackung kann nun ergänzt werden: „Während dem Zugspitz Supertrail können sie eine Tablette vor und fünf während des Laufs nehmen. Ihr Körper braucht das Zeug und was er nicht braucht, gibt er wieder ab.
Vielen Dank an mein grandioses Support-Team, an Denis, Gine, Gripmaster, Michael und an alle die mir in Gedanken und über das Internet die Daumen gedrückt haben.
Vielen Dank an all die verrückten Leute die ich getroffen und kennen gelernt habe…ihr seid spitze!
Vielen Dank an die Organisatoren, Veranstalter, die vielen Helfer an den „Food Stations“ (das wird übrigens mein Wort des Jahres), Streckenposten und die unzähligen Männer und Frauen der Bergwacht.
Vielen Dank an alle Zuschauer an und auf der Strecke.

Vielen Dank an mich, für die Entscheidung am Salomon Zugspitz Supertrail teilzunehmen! 😉

An Tagen wie diesen, wünscht man sich Unendlichkeit…leider geil!

Mir kommen immer noch die Tränen

Hier gibt es noch weitere Bilder meines Support-Teams!

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