Squamish 50 2014 – Awesome Shit!

Ja, wo fängt man am besten an, wenn man von einem so langen Tag berichten möchte?
Am besten am Anfang!

Der Wecker klingelt um 03:30 Uhr und pünktlich treffen auch die Liebesgrüße aus Deutschland ein…das motiviert!
Eine Schüssel Müsli zum Frühstück, die Pasta wegbringen (lag gestern Abend etwas schwer im Magen) und dann Zähne putzen. Wer sich an den Bericht zum Squamish 50 im letzten Jahr erinnert, da ging meiner elektrischen Zahnbürste am Rennmorgen der Saft aus. Das kann mir dieses Mal nicht passieren, denn sie kam schon leer in Kanada an, da sie wohl während dem Flug im Koffer gemütlich vor sich hingedreht hat. Somit war der Saft schon von Beginn an raus. Ob das für das Rennen heute nun ein gutes oder schlechtes Omen ist…wir werden sehen!

Anziehen, Sachen schnappen und ab nach Downtown Squamish.
Wir parken das Auto im Zielbereich und machen uns auf den Weg zum Start. Zwei nette Amerikaner (die gibt es wirklich) nehmen uns auf halber Strecke mit; so sparen wir uns den Anmarsch durch das Industriegebiet.
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Am Start herrscht schon reges Treiben und wieder wird klar, dass hier heute einige Raketen am Start sind. Körperkatzen und Muskelspinnen tummeln sich im Startbereich und warten auf das Briefing von Gary. Das kommt dann auch in der gewohnt lockeren Art und geht fließend in den Countdown zum Start über, was aber irgendwie niemand so richtig realisiert, wie das Video von iRunFar zeigt.

Aber wir schaffen es dann doch irgendwie und ab geht die wilde Fahrt auf den Trails des Squamish 50.

Die ersten 10 Kilometer will ich nicht schneller angehen als letztes Jahr. Sie verlaufen flach, teils auf Schotterstraßen, teils auf schmalen Single-Trails. Ich hänge mich also an eine Gruppe, die ungefähr das Tempo läuft und bahne mir den Weg über den ersten Abschnitt.
53 Minuten waren es im letzten Jahr und dieses Jahr sind es 56 Minuten bis ich an der ersten Verpflegungsstation ankomme, an der alle verkleidet sind. Leider vergesse ich ein Bild von dieser lustigen Crew zu machen, die sicher schon seit 05:00 Uhr auf den Beinen ist um alles vorzubereiten.

Weiter geht es, zunächst noch ein kurzes Stück durch die Stadt und dann ab auf die wilden Trails mit dem ersten saftigen Anstieg.
Das sind dann gleich mal 450 Höhenmeter mit teils sehr knackigen Passagen. Der Schweiß läuft mir nur so aus den Poren. Ich sehe aus als wäre ich in einen Platzregen gekommen. Sogar die Socken sind schon schön durchnässt. Ein Hoch auf die gefühlte Luftfeuchtigkeit von 1000%, die den Wald in einen Regenwald verwandelt und die 20 Grad nicht mehr ganz so angenehm erscheinen lässt. Zum Glück ist es bewölkt, denn sonst würde ich sicher aussehen wie eine Dörrpflaume.
An ein paar Stellen kann ich mich noch aus dem letzten Jahr erinnern und gefühlt dauert es heute eine Ewigkeit bis ich sie erreiche. Haben die Typen den Kurs verlängert, bin ich langsamer oder einfach nur verwirrt?
Am Alice Lake folgt die Antwort: 2:15 Stunden, 10 Minuten langsamer als geplant und vier Minuten langsamer als letztes Jahr.
Ob das mit dem leichten Drücken in der Bauchgegend zusammenhängt? Anscheinend liegt da noch eine Portion Pasta vom Vorabend quer, die nun ein bisschen Luft nach draußen drückt. Ich erspare mir die weiteren Ausführungen.

Im stetigen Auf und Ab, mehr Auf als Ab, geht es weiter. Die Trails hier sind der Wahnsinn und jeder der einmal verstehen möchte, warum man sich so etwas „antut“, der muss einfach mal hier mitlaufen; dann versteht man es ganz schnell…versprochen!
An der Verpflegungsstelle 3 angekommen frage ich mich aber auch warum ich hier mitlaufe, denn ich liege immer schlechter im Zeitplan. Mit 3:21 Stunden fehlen mir schon 21 Minuten für meinen Plan „sub12“ und 8 Minuten auf letztes Jahr. Gepaart mit diversen Tumulten in der Bauchgegend kommt mir das erste Mal ein DNF in den Kopf. Sollte ich es vielleicht einfach lassen zweimal den gleichen Ultra zu laufen (siehe Wörthersee TRAIL-MANIAK 2013)? Sollte ich aufhören zu versuchen irgendwelchen Zeiten hinterher zu rennen? Fragen über Fragen die ich mir stelle während ich über die Trails düse und krieche.
Von der dritten Verpflegungsstelle läuft man eine Runde und kommt wieder an ihr an. Das sind ungefähr neun Kilometer gespickt mit steilen Downhills und einem langen Aufstieg zurück zur Verpflegungsstelle.
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Das Teil zieht sich und gefühlt dauert es eine halbe Ewigkeit bis ich wieder oben ankomme.
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Die Uhr zeigt 4:30 Stunden. 30 Minuten hinter dem Zeitplan und immer noch 13 Minuten langsamer als 2013.

Jetzt kommt der steilste und längste Anstieg, zum höchsten Punkt, auf den spektakulärsten Trails. Galactic Scheisse…here we go!
Diesen Abschnitt kenne ich noch ganz genau, denn vor drei Tagen waren wir hier zum Trailcheck unterwegs. Vielleicht bringt es ja einen Vorteil…vielleicht aber auch nicht.
Es läuft; nicht überragend, aber auch nicht schlecht. Ohne Krämpfe geht es rauf auf 968m und dann wieder runter auf 150m. Das es dabei ziemlich steil zugeht muss ich sicherlich nicht erwähnen. Den Rest erledigen diese extrem technischen Trails, die högschde Konzentration verlangen und keinen Fehltritt erlauben.
Quest University: 7:10 Stunden; nur noch 10 Minuten langsamer als im letzten Jahr, aber dennoch 30 Minuten hinter dem Zeitplan.
Allerdings bin ich wesentlich frischer als letztes Jahr und nach dem Schuhwechsel und einer leckeren Mountain Dew geht es weiter.

Dann lassen wir es mal laufen und schauen was so geht. Jetzt kommt dieser menschenverachtende Loop, der mich im letzten Jahr total fertig gemacht; auf dem mich dieses komische Vieh gebissen/gestochen/berührt/WasAuchImmer hat. Dieses Jahr komme ich ohne Devils-Kiss davon, verfluche aber dennoch jeden Blick nach oben, bei dem ich einen weiteren Läufer irgendwo im Wald erblicke und mir nur denke:

Scheiße, da muss du auch noch rauf!

Verpflegungsstation 6 erreiche ich nach insgesamt 8:37 Stunden. Ich habe leider keine Zeit aus dem letzten Jahr, habe mir für dieses Jahr aber 8:20 Stunden vorgenommen. Zack—BÄM! Da komme ich dem Zeitplan wohl wieder deutlich näher. Das beflügelt und gibt Kraft für die letzten 19 Kilometer!

Ich stürze mich in den ersten Downhill und bin überrascht wie flott und gut das auf einmal geht. So wird das ja locker was mit einer Zeit unter 12 Stunden…easy!
Auf halber Strecke, quasi fünf Kilometer vor der letzten Verpflegungsstelle werde ich aber schlagartig auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt.
Übelkeit, Appetitlosigkeit, schwere Beine, erste Krämpfe und absolut kein Bock mehr auf dieses verschissenen Wasser aus meiner Trinkflasche. Doofe Sache…so etwas hatte ich auch noch nicht. Das war nicht der Mann mit dem Hammer, das war eine ganze Armee mit Hämmern. Was tun? Ich gönne mir eine Art Apfelbrei von PowerBar. Hoffentlich hat das Zeug genau die richtige Konsistenz, zwischen flüssig und fest, die ich jetzt brauche. Und siehe da: Ich behalte es drin und langsam füllt sich der Magen. Dort liegt gefühlt zwar immer noch eine Portion Pasta von gestern, aber das halb-flüssige Zeug füllt jetzt genau die Lücken aus und irgendwann klappt es dann auch wieder halbwegs mit dem Laufen. Zwar mehr unrund als rund…aber es läuft.
Letzte Verpflegungsstelle…10:03 Stunden. Geplant waren 10:05 Stunden!
Da ist das Ding. Ich bin wohl so viel besser drauf als letztes Jahr, dass ich ab der Quest University einiges gutmachen konnte. Wenn das auf den letzten 10 Kilometern so weiter geht, dann bleibe ich locker unter den 12 Stunden – Vorausgesetzt es geht so weiter.

Jetzt sind es eigentlich nur noch zwei kleine Anstiege und ein bisschen flach auf der Straße zum Ziel. So weit ist es ja nicht mehr!
Denkste!
Ich kann mich nicht mehr so wirklich an die Strecke aus dem letzten Jahr erinnern und so sehne ich hinter jeder Kuppe, nach jeder Kurve, den finalen Anstieg herbei, aber irgendwie kommt immer wieder nur ein neuer Downhill, der wenig später von einem kurzen Anstieg wieder neutralisiert wird.
Vielleicht haben sie ja die Strecke geändert. Vielleicht bilde ich mir das aber alles auch nur ein und irgendwann wird dieser letzte Hügel schon kommen.
Aber er kommt und kommt nicht. Gefühlt verbringe ich eine Ewigkeit bis dann endlich mal die letzte Rampe vor mir auftaucht, der erlösende Streckenposten mir zuruft, dass es nur noch fünf Kilometer sind und ich mich in den letzten Downhill stürze.
Unten angekommen spuckt mich der Trail auf einen Parkplatz und es geht die letzten zwei Kilometer Richtung Ziel nach Squamish. Zwei Kilometer die länger nicht sein könnten.
Aber, ein Ende ist in Sicht!

Dann ist es da. Das Ziel. Ich sehe den Zielbogen. Sehe die Leute im Zielbereich. Sehe Gary. Sehe auf meine Uhr und denke nur…

Geil!

Die Uhr stoppt bei 11:43 Stunden…da ist das Ding! Wahnsinn! Der zweite Abschnitt lief einfach besser als im letzten Jahr. Da läuft man auch mal ein bisschen was an Zeit raus.

High Five und Finish-Selfie mit Gary…dem crazy Race Director des Squamish 50 und craziest guy ever!
Squamish 50 2014
Nach ein paar Minuten Entspannung im Zielbereich löse ich meinen Verpflegungsgutschein ein und bekomme den besten Cheesburger der Welt. Ich habe noch nie ein so leckeres Stück Fleisch gegessen…Hammer!
Danach mache ich es mir im Zielbereich gemütlich und warte auf Tobi!
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Der meinte zwar, mit seiner geplanten Zielzeit von 14 Stunden könnte ich ruhig noch duschen fahren, aber ich habe ihm schnell klar gemacht, dass er sicher keine 14 Stunden unterwegs ist.

Die Atmosphäre im Ziel ist echt genial. Der DJ spielt coole Musik, hat immer einen trockenen Spruch auf Lager und Gary begrüßt jeden Finisher mit Handschlag und bittet den ein oder anderen auch für ein kurzes Interview ans Mikrofon, das er aber sofort unterbricht wenn ein neuer Finisher einläuft, um ihn zu begrüßen.
Einfach gigantisch der Typ! Man muss ihn einfach mögen und so genial wie der Typ ist, so genial ist auch das gesamte Rennen!

Tobi läuft nach 12:30 Stunden durchs Ziel (haha…von wegen 14 Stunden..Typ!).
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Bei ihm lief es auch perfekt und deutlich besser als erwartet. Krasser Typ…meinen Glückwunsch!
Nach solch einem genialen Lauf darf man auch gerne mal etwas unrund laufen.
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Da haben wir also beide den Squamish 50 gerockt.
Auch wenn ich mal kurz durch die Hölle gegangen bin, am Ende war ich dann doch im Himmel!

Einen Wolf habe ich mir übrigens nicht gelaufen, dafür einen Gremlin. Schaut an den Beinen und unter den Armen ganz harmlos aus, aber sobald Wasser an die Stellen kommt ist es mit dem Spaß vorbei!
Burn Motherfucker! Burn!

So, jetzt ist es Zeit ins Bett zu gehen, denn morgen stehen wir ab 09:30 Uhr als freiwillige Helfer im Zielbereich für die Läufer des 50/50, 50k, 23k und vorher gibt es noch ein gigantisches Mountain-Man-Breakfast bei Big D’s!

Vielen Dank an Alle fürs Daumendrücken…ihr seid echt die Besten! Wahnsinn!

Hier geht es zu Tobis Bericht!

Hier geht es zum Squamish 50 Awesome Shit Move!

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