adidas Infinite Trails 2018

Ja, dieser Beitrag ist lang, aber es gibt auch viel zu erzählen. Ich habe versucht mich auf das Wesentliche zu konzentrieren, aber ein bisschen Zeit braucht ihr schon. 😉

Adidas veranstaltet in diesem Jahr erstmalig die Infinite Trails Worldchampionships im Gasteiner Tal.
Schon im Vorfeld hat es einiges „Rumoren“ in der Szene zu diesem Event gegeben und ich hoffe, dass ich mit meinem Eventbericht einige Dinge erklären kann und vielleicht einige (am besten alle) Fragezeichen auflöse.

Natürlich fragt man sich zuerst, welche Weltmeisterschaften denn die Infinite Trails genau sind.
Da jeder im Prinzip Weltmeisterschaften ausrichten kann wie er mag, geht es in diesem Fall um die Weltmeisterschaft im Team-Trailrunning, als Staffel, mit vorgeschaltetem Rennen für eine Jagdverfolgung. Ob man ohne Verband überhaupt eine Weltmeisterschaft ausreichten kann, ob es sinnvoll ist zeitgleich mit dem Lavaredo Ultra Trail und dem Western States 100 eine solche „Weltmeisterschaft“ auszurichten sei mal dahingestellt. Fakt ist, adidas nennt es so und ich bin bestimmt nicht hier, weil ich Weltmeister werden möchte, sondern weil ich Bock habe zu laufen. Die können das Event von mir aus nennen wie sie möchten. Das sich manch einer über die Namensgebung aufregt kann ich nicht verstehen.

So, zurück zum Thema…es findet sich also ein 3er-Team (men, women oder mixed) und die laufen am Freitag ein Rennen. Aus diesem Rennen ergibt sich dann die Startreihenfolge für die Staffel am Sonntag. Das beste Team startet zuerst, gefolgt vom zweiten, dritten, usw.
Berechnet wird dies anhand der individuellen Platzierung am Freitag. Man muss also nicht zusammen laufen, sondern die Platzierungen werden addiert und irgendwie ergibt sich dann der zeitliche Versatz für Sonntag.
Am Sonntag geht dann der erste Läufer irgendwann auf seine Runde (25km / 1900 Hm) und wenn er im Ziel ist, geht Läufer 2 auf seine Runde (57km / 3400 Hm) und wenn dieser im Ziel ist Läufer 3 (40km / 2100 Hm). Am Ende der dritten Runde treffen sich alle drei Läufer und laufen zusammen einen letzten Kilometer gemeinsam ins Ziel.
Sollte ein Läufer aus irgendwelchen Gründen aus dem Rennen ausscheiden, dann gibt es zu gewissen Uhrzeiten einen neutralisierten Start, bei dem die Läufer der jeweiligen Runde starten dürfen, ohne das der imaginäre Staffelstab übergeben wurde. Somit kommt also jeder in den Genuss, seine Runde zu laufen; auch wenn es aus gesundheitlichen Gründen oder bei Überschreiten der Cut-Offs zu einer Disqualifikation des Teams kommt.

Soweit zur Theorie…nun zur Praxis!

adidas Infinite Trails Tag 1

Unser Team besteht aus Sabrina, Rupert und mir. WU, der eigentlich hätte starten sollen, ist an der Strecke unterwegs und macht Fotos.
Der Empfang der Startunterlagen läuft schon etwas „deutsch“ ab. Hier wird gründlich gearbeitet mit unterschreiben von Haftungserklärungen, ärztliche Unbedenklichkeit oder sowas, Notfalltelefonnummer usw. Danach gibt es das Startersackerl mit Startnummer und Chip.
Nach einem kurzen Bloggertreffen mit adidas geht es auch schon in den Startbereich, denn ab 16:00 Uhr beginnt das verpflichtende Briefing mit Einlasskontrolle und Überprüfung der Pflichtausrüstung.
Zwar bekommen wir am Ende der langen Schlange nichts vom Briefing mit, aber wir sind da und warten auf die Kontrolle der Ausrüstung, die sehr gründlich durchgeführt wird. So gründlich, dass einige Läufer noch einmal zurück dürfen um den Mangel abzustellen. Richtig so! Das würde ich bei anderen Events auch gerne so sehen.

Das Briefing ist äußerst gründlich und es wird auf alles hingewiesen; von der Markierung, über Stoppschilder und die Mülltrennung an den Verpflegungsstationen bis hin zum Wetter, welches sich mit Temperaturen um 0 Grad am Gipfel und heftigen Windböen nicht gerade von seiner schönsten Seite zeigt.
Nach dem Briefing wird der Startkorridor geöffnet und die Aufstellung beginnt.
Der Startplatz ist echt geil gewählt, mitten in der Alpen Arena von Bad Hofgastein und die bunten LED-Tafeln verleihen der ganzen Umgebung etwas futuristisches.

Lustige Situation am Rande: Eine der Favoritinnen kommt sehr spät und klettert über die Gitter um sich ganz vorne einzureihen. Das sieht natürlich der Moderator und zack, darf sie wieder zurück klettern und sich schön von hinten durch Menge nach vorne schieben…Das fand sie bestimmt etwas doof, aber ich finde es konsequent. „Daumen hoch!“

Um 17:00 Uhr geht es los und wir machen uns auf die Reise zum Stubnerkogel. Auf uns warten 19 Kilometer und 1500 Höhenmeter.
Ich habe mir das Streckenprofil im Vorfeld kurz angeschaut und gesehen, dass es am Anfang sehr flach wird, aber dass wir die ersten 11,7 Kilometer und nur geschotterten Radwegen und Asphalt laufen, dass habe ich nicht gesehen.
7 Kilometer flach, dann ein 200 Höhenmeter Schnapper und nochmal knapp 5 Kilometer flach. Es tut mir Leid, aber das hat für mich nichts mit Trailrunning zu tun.
Und da das Flache nichts für mich ist, werde ich trotz einer guten Pace (4:55 bis 5:15) immer wieder überholt, so dass ich mich gefühlt am Ende des Feldes befinde.

Ungefähr bei Kilometer 8, in Bad Gastein, gibt es die erste Getränkestelle. Hier wird tatsächlich der Müll getrennt…Respekt!

Finde ich aus Nachhaltigkeitsgründen eine super Sache, aber nachhaltiger wäre es gewesen, wenn man auf die Plastik- und Pappbecher verzichtet hätte, denn dafür haben wir ja alle einen eigenen Becher (gemäß Pflichtausrüstung) dabei.
5 Kilometer später in Bockstein wartet die nächste Verpflegungsstelle auf uns und jetzt geht es endlich auf den Trail und endlich bergauf.

Hier bin ich zu Hause, hier gehöre ich hin…lasset die Spiele beginnen!

Ich bin zufrieden wie es läuft, finde schnell meinen Rhythmus und mache erste Plätze gut.
Der Trail wird schmaler und steiler…genau mein Ding.

Je höher wir kommen, desto kälter wird es und auf ca. 1600m bahnen sich die ersten Schneeflocken ihren Weg nach unten.
Kurz vor der Mittelstation treffe ich auf unseren Foto-WU der mir mitteilt, dass das Rennen verkürzt wurde und in einem Kilometer, an der Mittelstation der Stubnerkogelbahn Schluss ist.

Wir fragen uns später, warum man das Rennen wegen der niedrigen Temperaturen und dem bisschen Schnee verkürzt hat und können es nicht nachvollziehen, da Regenjacke (isolierende Schicht) und lange Hose laut Pflichtausrüstung jeder dabei haben musste.
WU, der das Wetter quasi hautnah miterlebt hat, meint aber später, dass für die Spitze des Feldes die Bedingungen absolut grenzwertig waren (Schnee, Sturm, eisige Temperaturen) und er aus Bergwacht-Sicht, die Entscheidung absolut nachvollziehen kann.

Mit der Bahn geht es nach dem verkürzten Zieleinlauf für uns auf den Gipfel, denn dort sind nicht nur unsere Wechselklamotten, sondern dort gibt es auch etwas zu essen.
Oben angekommen werden auf Wunsch gleich dicke Decken und Rettungsdecken an die Leute ausgeben. Mit dem Empfang der Drop-Bags gibt es zu den Wechselklamotten auch ein großes adidas Handtuch zum abtrocknen dazu.
Die anschließende Pasta-Party läuft wie folgt ab: All you can eat and drink im Restaurant der Bergbahn. Bezahlen muss man nichts, denn mit der Anmeldung gab es ein „Festival-Armband“ und somit sind Essen und Getränke für uns frei…und das Essen war wirklich lecker und das Bier hat auch geschmeckt.
Diese Pasta-Party war wirklich 1a gelöst und lies keine Wünsche offen.
Im Restaurant war es warm, man kam super mit den anderen Teilnehmern ins Gespräch und ruckzuck sind drei Stunden ins Land gegangen und wir fahren mit der Bahn kostenlos ins Tal und dort wartet auf uns ein Bus, der alle Teilnehmer wieder kostenlos zurück zum Start bringt. Natürlich hätte man auch schon früher runterfahren können, aber bei guter Stimmung, bleibt man gerne etwas länger.

Hier geht es zum Prolog-Move!

adidas Infinite Trails – Restday

Der Samstag dient nur der Entspannung. Einfach ein bisschen chillen, brunchen (mega lecker und absolut hochwertig…im Startpreis inkludiert!) die Startnummer für das Rennen am Sonntag abholen, Race-Briefing, Abendessen und dann ab ins Bett.
Das Race-Briefing war übrigens mein bisher längstes Briefing überhaupt. 60 Minuten, mit Erklärungen bis ins tiefste Detail. Wir mussten sogar unterschreiben, dass wir da waren und wenn eine Unterschrift fehlt, dann darf das jeweilige Team am nächsten Tag nicht starten.
Da merkt man, dass der Race-Director viel in der Triathlon-Szene unterwegs ist und dort viel ausrichtet…da muss das anscheinend so sein.
Aber wir Trailrunner sind doch viel lockerer!

adidas Infinite Trails Tag 2

Die Nachricht erreicht mich, als ich irgendwann gegen 04:30 Uhr kurz wach werde. Der Start (von Sabrina auf Loop 1) wurde auf 06:00 Uhr aufgrund der Wetterverhältnisse verschoben.
Danach nahm das „Unglück“ seinen Lauf.
Wenig später die Nachricht, dass der Race-Director auf seinen Flug hoch zum Gamskarkogel wartet um die Verhältnisse zu prüfen.

Der Gamskargogel ist der höchste Punkt von Loop 1 und auch der höchste Punkt des Rennens.
Wie sich ein Helikopterflug zur Überprüfung der Verhältnisse im Rahmen eines Rennens, das auf einen ökologischen Fußabdruck achtet und besonders Nachhaltig sein möchte, vereinbaren lässt, erschließt sich mir nicht.
Hier ein Angebot von mir:

Liebes Team, für 100 Euro schlafe ich nächstes Jahr auf dem Gipfel und ihr könnt mich jederzeit anrufen, wenn ihr etwas wissen möchtet. Kommt euch günstiger als ein Flug mit dem Heli

Wer jetzt meint, „Mensch, jetzt will der Steve aus dieser Situation auch noch Profit schlagen“, hier noch ein Angebot:

Auf dem Gamskarkogel steht eine Hütte, die ist bewirtschaftet und da könnt ihr eine Person eures Teams unterbringen. Kostet euch weniger als 100 Euro.

Und noch ein Tipp:

Die Hütte hat eine Webseite und sogar ein Telefon. Ich denke wenn ihr etwas wissen möchtet, dann müsst ihr nur anrufen und der Wirt sagt euch, wie es ausschaut!

Aber gut, Hubschrauber ist cooler und er ist wohl auch irgendwann geflogen.

Es folgte ein weiterer Post:

Auch hier muss ich mal kurz klugscheißen:
Wenn ich mit voller Montur in ein Rennen auf 800m starte und auf 2400m rauflaufe, dann habe ich nichts mehr zum anziehen, wenn ich oben bin und mir wird kalt.
Kontrolliert einfach explizit diese zwei Sachen beim Start und lasst die Läufer selbst entscheiden.
Wenn es dann oben kritisch wird, dann weißt ein Streckenposten die Läufer notfalls an, jetzt die volle Montur anzulegen.
Alles andere macht in meinen Augen keinen Sinn.

Der nächste Post der folgte, es war zwischen 06:30 und 07:00, war dann die endgültige Absage des Rennens.
Komplette Absage, ohne Ausweichstrecke, ohne verkürzte Strecke…komplette Absage.

OK, dafür wird es Gründe geben dachte ich mir, aber es dauerte nicht lange, bis die ersten Bilder auf Facebook erschienen sind:

Zwischenzeitlich kursierten Schneehöhen von 10-20cm durch den Raum. Danach sieht es auf dem Bild aber definitiv nicht aus.

Hilft alles nix, dass müssen wir uns genauer ansehen.
Gesagt getan und so macht sich um 09:00 Uhr eine 5er-Gruppe auf den Weg zum Gamskarkogel, also quasi auf den Loop 1.

Nach einer kurzen Passage durch den Ort, sind wir auf dem Trail der sich in hervorragender Singlettrail-Manier durch den Wald nach oben schraubt. Steil ist geil und so geht es für uns höher und höher.
Nach dem Wald wird es aber nicht sonderlich steinig, sondern es bleibt grasig. 😉

Die letzten Markierungsbänder bekommen wir auch noch zu Gesicht, bevor uns das Abmarkierungsteam von oben entgegen kommt. Bis dahin gibt es an den Markierungen nichts auszusetzen.
Nachdem nun die Flatterbänder weg sind, bleiben uns nur noch die gesprühten Markierungen auf dem Boden, die aber auch ausreichend vorhanden sind und die Navigation an den Kreuzungen und Gabelungen vereinfachen.
Uns kommt ein urtypischer Almbauer entgegen, der eigentlich an der Strecke die Läufer anfeuern wollte und nun wieder auf dem Abstieg ist. Er kann nicht nachvollziehen, warum das Rennen abgebrochen wurde.

Auf 2300m haben wir dann den ersten Schneekontakt.

Weit entfernt von 10-20cm und da es um uns herum nicht sonderlich warm ist, ist auch nicht davon auszugehen, dass hier innerhalb der letzten drei Stunden viel weggeschmolzen sein kann.

Dann erreichen wir den Gamskarkogel und die dazugehörige Hütte. Ich nehme mir die Zeit ein kurzes Video zu drehen.

Kurz zusammengefasst:
Die Entscheidung ein Rennen abzubrechen liegt natürlich beim Veranstalter. Zum Zeitpunkt des Videos können wir natürlich nicht beurteilen, wie die Lage am frühen Morgen war. Zum Zeitpunkt unserer Ankunft war auf jeden Fall alles easy.
Natürlich ist es absolut verständlich, wenn man wettertechnisch die Route ändert und ich denke keiner hätte etwas gegen eine Alternativroute gehabt, aber ein Event abzusagen ohne Plan B in der Tasche zu haben ist in meinen Augen absolut unproffesionell.

Vom höchsten Punkt machen wir uns auf der Route des Loop 1 wieder auf dem Weg ins Tal…und was soll ich sagen:

Die Trails bleiben im Abstieg genauso fantastisch wie im Aufstieg. Selten bin ich während eines Rennens auf solch genialen Trails, über solch eine lange Strecke gelaufen.

Im Abstieg verfransen wir uns an einer Kreuzung an der Poserhöhe und laufen etwas zu weit ins Tal, stoßen dort aber auf einen Höhenweg der uns unterhalb des eigentlichen Trails zurück nach Bad Hofgastein bringt. Definitiv ein schönerer Weg, als der tiefer verlaufende Radweg von Freitag.

Hier geht es zum Loop 1 – Move!

adidas Infinite Trails – Fazit

Zunächst einmal vielen Dank an adidas für die Einladung und die komplette, rundum-sorglos Betreuung über das gesamte Wochenende.
Vielen Dank natürlich auch an die WUSAs, dafür das ich in eurem Presseteam mitlaufen durfte und so überhaupt erst die Möglichkeit bekam, an diesem Event teilzunehmen.

Pro
Viele Leute hat der Startpreis von 333 Euro pro Team abgeschreckt. Wenn man aber bedenkt, was man für das Geld bekommt (zwei vollwertige Rennen, Pasta-Party am Freitag, Brunch am Samstag, Fahrten mit der Gondel, Bustransfer, Handtuch, 3 Stunden Eintritt in die Therme, 10 Euro Verzehrgutschein für Restaurants……..), dann finde ich den Preis absolut fair und angemessen.
Die Trails die wir heute gesehen haben waren echt der Hammer. Wissentlich, dass Loop 2 noch schöner als Loop 1 sein soll, wäre das heute ein Trailfest geworden, was für den asphaltlastigen Prolog auf jeden Fall entschädigt hätte.
Die Idee und das Rennformat sind nicht schlecht. Team, zwei Rennen…sowas gibt es noch nicht.
Das Drumherum (Start-Ziel-Bereich, Gettogether…) ist äußerst professionell aufgezogen und wenn das geplante Programm für heute auch hätte gezündet werden können, dann wäre an der Strecke bestimmt gut Party gewesen.
Die Pastaparty am Freitag und der Brunch gestern…der Wahnsinn!
Die schnelle Entscheidung, dass alle Teams im nächsten Jahr einen Freistart haben.

Contra
Die Event-Hompage ist ziemlich überfrachtet und man sucht wichtige Infos teilweise vergeblich. Hier ist weniger eindeutig mehr.
Muss man am Freitag unbedingt 2/3 auf Asphalt und Schotterwegen laufen? Gibt es keine Alternativen? Warum startet man nicht in Bad Gastein direkt in den Vertical ohne 11 Kilometer Anlauf?
Spart euch den „Restday“ am Samstag und zieht die Rennen von Sonntag vor. Mit einem geplanten Cut-Off von 01:00 Uhr am Montagmorgen, zwingt ihr die Leute dazu, einen weiteren Tag Urlaub zu opfern. Das wollen viele nicht. Lauft am Freitag und Samstag und gestaltet das Rahmenprogramm am Sonntag so, dass die Leute noch da bleiben.
Professionelle Organisation, (über)ausführliches Briefing, generalstabsmäßig geplanter Startbereich…alles schön und gut, aber irgendwie auch ein bisschen „too much“. Wir haben so viel Erklärungen unterschrieben und Reglements gelesen, da kann man alles auch etwas „einfacher“ gestalten.
Wie bereits mehrfach erwähnt: Wenn die Strecke geändert wird, ist das Sache des Veranstalters und es beruht auf verschiedenen Entscheidungsprozessen, die ich hier nicht in Frage stellen möchte. Aber keinen Plan B in der Tasche zu haben, geht gar nicht! Lavaredo, Zugspitze, UTMB…überall gibt es Schlechtwetterlösungen nur hier nicht? Bei einer WM für die man drei Jahre Planung investiert hat? Schon ein bisschen komisch oder? Wir haben heute bei unserer Runde spontan einige Ideen gehabt, was man hätte machen können um trotz des Wetters zu laufen: Massenstart um 10:00 Uhr, nur bis zur ersten VP des Loops und dann wieder retour, verkürzte Runde…Das sind nur ein paar Ideen die uns durch den Kopf gegangen sind. Mit drei Jahren Vorlauf wäre da sicher noch mehr drin gewesen.
Mit Planet Talk hat man sicher einen Veranstalter mit langjähriger Erfahrung an seiner Seite, aber es fehlt mir hier etwas die Trailrunning-Expertise. Trailrunning ist kein MTB und auch kein Triathlon. Dieser Sport und seine Sportlerinnen und Sportler ticken total anders. Adidas hat ein internationales Team an Athleten, die diesen Sport mit großer Leidenschaft und Erfahrung betreiben. Vielleicht hätte man sich ab und an mal mit diesen Jungs und Mädels an einen Tisch setzen müssen.

Ich denke schon, dass das Event für nächstes Jahr noch eine Chance hat, aber dafür muss man eindeutig noch am Konzept feilen.
Klar, beim ersten Mal läuft es nie reibungslos, auch nach dem zehnten Mal noch nicht, aber die Fehler die gemacht wurden, dürfen einfach nicht passieren.
Geht die Sache an, am besten gleich morgen früh und dann denke ich, dass auch 2019 wieder solch ein Event im Gasteiner Tal stattfinden wird. Es wäre schade um die schönen Trails.

Sabrina hat sich am Abend des 27.06.2018 mit dem Race Director getroffen und mit ihm ein sehr offenes Gespräch geführt, welches zur Klärung ihrer Fragen beigetragen hat.
Ihre Eindrücke hat sie in einem Beitrag festgehalten.

Rückmeldung von adidas

Am heutigen Tag (27.06.2018) erhielt ich von adidas eine Email, die denke ich, viele Fragen/Punkte die in meinem Bericht aufgebracht werden klärt.
Hier der Wortlaut:

//Widrige Witterungsbedingungen//
Vereiste Wege und eine Sicht teilweise unter 5 Metern aufgrund von Nebel, Temperaturen von -4° Celsius am Berg gepaart mit Windgeschwindigkeiten von bis zu 40 km/h (gefühlte Temperatur aufgrund des Wind-Chill-Faktors -10°) haben die aIT Sicherheitskommission zu der Rennabsage bewogen. Gefrierender Regen hatte eine fast 1-Zentimeter dicke Eisschicht über Steine und Felsen gezogen, was ein sicheres Belaufen der Strecke unmöglich machte.

//Beurteilung der Situation am Berg//
Die aIT Sicherheitskommission versuchte zunächst durch Startverschiebung Zeit zu gewinnen, um auf mögliche Wetterbesserungen und neue Wetterprognosen reagieren zu können. Sie stützte sich bei der Entscheidungsfindung auf mehrere Quellen, u.a. auf Aussagen von Bergführer-Ausbildern und Alpenvereinsmitgliedern, die am Vortag auf den Gamskarkogel entsendet wurden, um die Strecke als Streckenposten abzusichern und die Verpflegungsstation am Gamskarkogel ab 5:00 Uhr morgensauch bei Minustemperaturen zu betreiben (das wollten die Organisatoren keinem Helfer zumuten). Mit diesen Personen, die auf der Gamskarkogelhütte übernachtet haben, war die Sicherheitskommission permanent in Funkkontakt. Deren Einschätzung um 7:00 Uhr: es ist aufgrund von Sichtverhältnissen und vereisten Wegen unverantwortlich die Athleten hier laufen zu lassen. Man konnte die Streckenmarkierungen nicht mehr sehen, die LäuferInnen hätten sich leicht verlaufen können und die Streckenposten hätten noch nicht einmal mitbekommen, wenn jemand stürzt und sich verletzt. Es hätte jederzeit zu einem MANV (Massenanfall von Verletzten) kommen können. Ein Helikopter hätte unter diesen Bedingungen nicht fliegen können, somit wäre die Wahl eines Helis als Rettungsmittel nicht möglich gewesen. Das event-eigene Rescue Team, das eng mit der örtlichen Bergrettung zusammenarbeitet, hat rund 20 Jahre Erfahrung als begleitendes Rettungsteam bei Events wie der Transalp Challenge oder dem Transalpine Run, und weiß wie schwierig es ist, Athleten bei Rennabbruch im Falle einer weiteren Wetterverschlechterung aufzuhalten und sicher zurückzuleiten.

Der Race Director wollte sich persönlich ein Bild von der Situation auf der Gesamtstrecke machen, um noch mehr Fakten für die Entscheidung zu sammeln. Aufgrund der Witterungsverhältnisse konnte der Heli jedoch nicht fliegen.

Basierend auf der bekannten Faktenlage der am Berg vorherrschenden Bedingungen und der Wetterprognosen, die der aIT Sicherheitskommission kurz vor 7:00 Uhr morgens von dem für den Event gebuchten ZAMG-Meteorologen speziell für die Berge Stubnerkogel, Graukogel und Gamskarkogel vorlagen, wurde gemeinsam mit adidas eine einstimmige Entscheidung getroffen, dass Rennen abzusagen.

//Sicherheitslage betrifft nicht nur Athleten//
Bei Beurteilung der Faktenlage ging es nicht nur um die Sicherheit aller LäuferInnen auf der Strecke, sondern auch um die Sicherheit von Streckenposten, die ihre Positionen zunächst sicher erreichen und dann stundenlang auf ihren Positionen verharren müssen. Darüber hinaus ging um die Gesundheit von Crew und Helfern, die auch bei widrigen Bedingungen mehrere Stunden draußen an einer Verpflegungsstelle stehen müssen, um die Teilnehmer zu versorgen.

Vorsorge: Wäre der komplette Loop 2 laufbar gewesen, hätten die Streckenposten am Zittrauer Tisch (Bergwachtmitglieder) sogar aufblasbare Zelte und Wärmewesten dabeigehabt, um in dieser exponierten Lage auf Wetterumschwünge im Laufe des langen Renntages reagieren zu können.

//Alternativstrecken//
Es gab Alternativstrecken und diese wären auf dem verkürzten Loop 2 auch zum Einsatz gekommen. Genau deshalb hatten der Race Director und sein Team am Samstagabend zwischen 22h00 und 24h00 insgesamt 65 Streckenposten angerufen, damit sie am Sonntag zwei Stunden früher auf ihrer Position stehen. Gerade um die Sicherheit und die Kommunikationskette bei schlechten Witterungsbedingungen zu gewährleisten und alle neuralgischen Punkte abzusichern, setzt adidas INFINITE TRAILS insgesamt 125 Streckenposten ein.

Die Posten im alpinen Gelände entlang einer 124 Kilometer langen Strecke lassen sich nicht in kürzester Zeit verschieben wie Figuren auf einem Schachbrett. Um ihre Positionen rechtzeitig zu erreichen, mussten viele Streckenposten auf Hütten übernachten. Diese lagen zum Teil im Funkloch. Die Wettersituation an der Palfnerscharte war ähnlich wie am Gamskarkogel – vereistes felsiges Gelände in exponierter Lage bei schlechten Sichtverhältnissen.

Ein Großteil des 600km langen existierenden Wegenetzes im Gasteinertal liegt auf privatem Grund und der Veranstaltung liegt keine flächendeckende Genehmigung vor. Von jedem einzelnen Grundbesitzer musste das Einverständnis für die 124km lange Rennstrecke eingeholt werden, auch wenn es sich nur um 10m-Abschnitte handelte (insgesamt 266 Grundbesitzer). Im Rahmen der Streckenfindung haben zugleich mehrere Grundbesitzer ein Verbot ausgesprochen, ihr Land zu queren, wodurch diverse Verbindungswege oder Abkürzungen zwischen den vorhandenen genehmigten drei Loops entfallen. Die Organisation hat sich das Vertrauen der Grundbesitzer im Vorfeld der Veranstaltung hart erarbeitet und respektiert Betretungsverbote. Daher werden auch bei widrigen Bedingungen keine adhoc-Entscheidungen getroffen, die eine langfristige Zusammenarbeit im Tal und damit die mehrjährige Durchführung des Event gefährden könnten.

//Alternativprogramm//
Ein Massenstart aller Läufer im Falle einer Wetterbesserung am Nachmittag (z.B. auf Loop 3) wurde nicht als Ersatzprogramm angeboten, weil es (a) zu keinem Ergebnis für ein Teamstaffelrennen geführt hätte und man (b) nicht davon ausgehen kann, dass die Loop 1 Läufer die 40km Distanz überhaupt hätten laufen können. Stattdessen erhielten die Teilnehmer einen verlängerten Eintritt in die Alpentherme (4h), der VIP-Bereich wurde umfunktioniert und für die Athleten geöffnet und alle WM-Teilnehmer bekommen einen kostenlosen Startplatz für 2019.

//Sustainability vs. Sicherheit//
Die Sicherheit der Athleten und aller involvierten Personen hat oberste Priorität, auch im Rahmen eines sustainable Eventkonzepts. Die Organisation nutzt Helikopter zu Rettungszwecken, zur Beurteilung einer Gefahrensituation oder zur Einschätzung der Witterungslage am Berg.

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