Jupp, ihr lest richtig. Dort oben steht Halbmarathon und weit und breit kein Wort von „Trail“ oder „Berg“. Dies ist der Bericht vom Halbmarathon in Waging am See. Ein „relativ“ flacher Halbmarathon mit knapp 100 Höhenmetern. Natürlich ist das für einen Halbmarathon viel, aber für mich ist das, verglichen mit meinen anderen Läufen, nichts.
Für dieses Jahr habe ich mir mal wieder einen Halbmarathon vorgenommen. Mein letzter und einziger Versuch liegt 6 Jahre zurück und da wird es einfach mal wieder Zeit, zu schauen was so geht. Zumal meine Zeit von damals schon sehr gut war, aber ich will natürlich wissen, was ohne Schädelweh und Knoblauchfahne so möglich ist.
Auch wenn das wellige Profil in Waging nicht unbedingt zu Bestzeiten einlädt, insgeheim liebäugele ich natürlich mit einer neuen PB und ein kleines bisschen schiele ich auch auf die 1:29:xx. Wäre schon cool wenn das klappt, wobei die Pace mit 4:15 km/min für mich schon ziemlich flott wäre.
Knapp eine Stunde vor dem Start komme ich in Waging an, empfange meine Unterlagen, treffe mich mit Kim und Marcus (starten beide über 7 Kilometer), laufe mich warm (ja, vorm ballern immer warm machen) und begebe mich an den Start.
Mit 130 Startern ist das Feld, das sich im Startbereich formiert, überschaubar. Die Wahl (langes Shirt, kurze Hose) scheint perfekt gewesen zu sein. Langsam kommt die Sonne raus und die ursprünglich geplanten Handschuhe und Mütze sind wohl zu Recht im Auto geblieben. Vorhin war es hier noch richtig zapfig, aber jetzt ist es echt angenehm…alles richtig gemacht.
Mit dem Startschuss setzt sich das Feld in Bewegung und kurze Zeit später bläst uns auch schon ordentlich Gegenwind ins Gesicht. Hoffen wir mal, dass das nicht die ganze Zeit so weiter geht. Die ersten 5 Kilometer pendeln immer schön zwischen 4:13 und 4:21. Das ist definitiv Tendenz zu einer neuen PB, aber noch ein gutes Stück Arbeit zur Sub 1:30.
Nach Kilometer 6 erwartet uns die erste Rampe. Es geht bergauf. Es sind zwar nur 18 Höhenmeter, aber die haben es in sich. Ich stecke sie zwar relativ gut weg, überhole auch einige Mitläufer, oben angekommen geht mir die Pumpe aber gewaltig. Das hat Körner gekostet. Zum Glück geht es danach wieder bergab. Da kann man es schön rollen lassen, spart Kraft und erholt sich wieder etwas. Was mir bei diesen Rennen liegt ist der Blick auf die Läufer die vor mir laufen. Irgendwie schaffe ich es, mich nach und nach an die anderen heranzusaugen.
Die nächsten beiden Rampen bei Kilometer 8 und 9 kosten auch wieder Kraft, lassen den Puls in die Höhe schnellen, aber wieder mache ich ein paar Meter gut, überhole bzw. schließe Lücken. Spätestens jetzt bin ich voll im Rennmodus.
10,5 Kilometer…Halbzeit! Der See scheint kein Ende zu nehmen, aber irgendwie muss es weiter gehen. Ich liege sehr gut in der Zeit. Definitiv PB, aber mit der 1:29:xx wird es knapp werden.
Jetzt geht es erst mal ein gutes Stück bergab und die folgende Rampe nehme ich mit gutem Schwung. Überholt wurde ich schon lange nicht mehr, sondern wenn, dann bin ich auf der Überholspur unterwegs. Im Kopf versuche ich mir einen guten Zeitpunkt für einen „Schlusssprint“ auszudenken. So bei Kilometer 16 nochmal Tempo verschärfen wäre evtl. eine Möglichkeit.
Vor der letzten Rampe schließe ich auf eine 3er-Gruppe auf, die ich schon die ganze Zeit im Auge habe. An der Rampe habe ich sie dann endlich und jetzt spüren sie meinen Atem im Nacken.
Aber die drei Typen sind so flott wie sie aussehen und unser Tempo pendelt sich bei irgendetwas um die 4:00 Minuten ein. Kilometer 16, also eigentlich der Zeitpunkt meiner geplanten Tempoverschärfung. Passt ja irgendwie…also ziehen wir den Plan einfach mal durch und schauen was passiert.
Gefühlt geht es leicht bergab, aber der Höhengraph bei der späteren Auswertung weist irgendwie eine konstante Steigung auf. Zwar nicht viel, aber definitiv ging es nicht bergab. Da war die Birne wohl schon etwas matschig.
Wir rollen und rollen und irgendwie scheint jeder der Gruppe zu kämpfen. Die Führung übernimmt immer mal jemand anderes und wir tauschen munter durch. Ein Blick auf die Uhr verrät, dass die 1:29:xx absolut machbar sind. Durchhalten und dann lauf ich das Ding nach Hause.
2 Kilometer vorm Ziel muss ich die 3er-Gruppe aber wieder ziehen lassen. Ich kann das Tempo einfach nicht mithalten und schalte einen Gang zurück. Die Oberschenkel werden mit jedem Schritt schwerer und im rechten Oberschenkel macht sich ein leichter Druck bemerkbar. Ein leichtes Krampfgefühl kommt auf, verschwindet aber genauso schnell wieder wie es gekommen ist.
Der Mann mit dem Hammer wartet einen Kilometer vor dem Ziel und heute hat er auch ordentlich Wumms dabei. Es ist nur ein minimaler Anstieg, wenn überhaupt dann 5 Meter, aber das reicht mir zu diesem Zeitpunkt um den Stecker zu ziehen. Die Pace fällt rapide um gut 30 Sekunden und meine Beine fühlen sich wie Blei an. Meine 3er-Gruppe ist weg, aber von hinten kommt so schnell zum Glück auch niemand. Die 1:29:xx verblasst und ich biege auf die letzten Meter ins Stadion ein.
Sieht alles ziemlich unrund aus und kostet dazu auch noch verdammt viel Kraft, aber die paar Meter laufe ich jetzt auch noch nach Hause.
Dann ist da dieses Ziel. Endlich! Der Stadionsprecher versucht meinen Nachnamen so englisch auszusprechen wie meinen Vornamen und so läuft „Steve Ouch“ nach 1:30:47 mit einer neuen PB ins Ziel.
Schade, die 48 Sekunden wären am Ende mit einer besseren Einteilung und etwas mehr Wumms sicher drin gewesen, aber hey: Das ist trotzdem eine neue PB und das auch noch auf dem welligen Kurs. Geil!
So schön das Gefühl auch ist, ich bleibe dann aber lieber doch bei Trail und hügelig und lang. Da verausgabt man sich zwar auch, aber nicht so punktuell wie hier. Das langsame Quälen liegt mir mehr als dieses „quick and dirty“!
Glückwunsch auch an Kim und Marcus zur super Zeit. Für nächstes Jahr haben wir wohl wieder einen Termin! 😉
8 Gedanken zu “Halbmarathon Waging”
Ha, Steve, nicht wirklich? Oder? Hatte es bei IG schon gesehen, konnte es aber nicht glauben. Dich hatte ich definitiv nicht auf der Liste für einen schnellen Halben 🤣
Gratulation zum Finish und zur Bombenzeit! Und die Weisheit bleibt, nicht die Distanz, sondern das Tempo tötet 😉
Erhol Dich gut
Salut
Hihi…ja, musste mal sein.
Danke dir
Da hast du absolut Recht. Lieber lang und „gemütlich“, als dieses kurze Geballer. 50k fühlen sich nen Tag später oftmals besser an als so ein HM. 😉
Viele Grüße
Steve
Was ist das denn für ein Halbmarathon-Fieber im Moment überall, wenn selbst der Steve mit dabei ist? 😀
In der Tat aber ein sehr ungewohnter Post über so einen schnöden Halbmarathon. Aber das Dich die läpischen Rampen so aus der Fassung brachten wundert mich schon. Aber irgendwie auch kein Wunder, bei dem Tempo. Glückwunsch zur grandiosen Bestzeit!
VGV
Hihi…das ist die Frühjahrs-Motivation.
Danke dir Volker. Die Rampen waren aber in der Tat echt heftig. Wie wenn man mit dem Auto gegen eine Mauer fährt.
Viele Grüße aus dem Süden
Steve
Hallo Steve! Herzlichen Glückwunsch zu der Halbmarathon-PB. Habe auch vor gut einer Woche beim Heidelberg-HM mal wieder den Ausflug zurück auf die Halbmarathon-Strecke gemacht. Und muss feststellen: Macht nicht nur Spaß, sondern hat auch im Training einiges gebracht. Ellie Greenwood hatte ja auch zuletzt mal das Hohelied auf den Halbmarathon gesungen …
https://www.strava.com/athletes/1684138/posts/3625355?_branch_match_id=598507949259486595
Dann mal weiter viel Spaß bei Deiner Vorbereitung auf Whistler!
Danke dir Sabine.
Ja, so eine schnelle Einheit zwischendrin (und im Wettkampf quält man sich mehr als im Training) ist in der Tat sehr effektiv.
Jetzt reicht es dann aber damit erst mal wieder…obwohl ich noch gerne die 5k unter 20 Minuten laufen möchte…
…aber da quäle ich mich evtl. mal auf der Bahn. 😉
Viele Grüße
Steve
GRATULATION GEHT RAUS AN STEVE OUCHHH 🙂
Würde mich auch mal interessieren was ich da so reissen könnte. Da ich nie flach laufe kenne ich meinen Pace unter diesen Voraussetzungen gar nicht. Im Mixgelände (Wald-, Feld-, Wiesenwege, Trails und mit Höhenmetern) schaffe ich 10k in 42-45min. Ich weiß aber nicht ob ich dass Tempo über 21k halten könnte.
Da hast du schon eine gute Zeit reingedengelt. Von daher, Respekt.
Danke dir Daniel!
Wellig unter 45 Minuten für 10k ist schon sehr gut. Denke, dass du nen HM auch um die 1:30 absolvieren könntest; eher noch schneller.
Ich muss mich für flache 10k in 42 Minuten schon gut quälen.
Probiers doch einfach mal aus.
Nen HM gibt es doch fast in jedem kleinen Dorf! 😉
Auf geht’s! 😉
Viele Grüße aus dem Schnee 🙁
Steve