Innsbruck Alpine Trailrun Festival – IATF 2019

Schon oft bin ich an Innsbruck vorbeigefahren und habe die umliegende Bergwelt bewundert, aber wirklich dort in der Stadt, geschweige denn irgendwo auf Innsbrucker Trails, war ich bis jetzt noch nicht. Das soll sich mit der Teilnahme am Innsbruck Alpine Trailrun Festival (IATF) ändern und so verschlägt es mich schon zwei Tage vorm Start in die Tiroler Landeshauptstadt. Aushalten kann man es hier definitiv, denn gefühlt sieht man von jeder Straßenkreuzung auf einen anderen Berg.

Der Wetterbericht wurde in den vergangenen Tagen immer besser und von den anfänglichen Schneefällen am Samstag ist jetzt nur noch ein leichter Regen übrig geblieben und die Temperaturprognosen steigen auch immer weiter und kratzen mittlerweile sogar am zweistelligen Bereich.

Mit knapp 3000 Starterinnen und Startern auf den sechs verschiedenen Distanzen ist das IATF bei seiner vierten Auflage ausverkauft und die Trail-City die mit Food-Trucks, Bühne, Infoständen, Start-/Zielbereich, Eventarea sowie Räumlichkeit für die Abendveranstaltungen zwischen Landestheater und Congress aufgebaut wurde ist wirklich beachtlich. So etwas sieht man selten und diese kompakte Anordnung sorgt dafür, dass man einfach alles auf einem Fleck hat.

Pünktlich zum Start des 7k Night-Trail am Donnerstag schlägt das Wetter endgültig um und der angekündigte Regen gibt sein Stelldichein und am nächsten Tag zur Startnummernausgabe und Kontrolle der Pflichtausrüstung hängen teils dicke Wolken über der Stadt.

Bei der Kontrolle wird erneut auf die verpflichtende Mitnahme der Schuhspikes hingewiesen und man wird sogar auf der angegebenen Handynummer angerufen um die Erreichbarkeit letztmalig zu kontrollieren. So ganz erschließen sich mir das Handy-Prozedere und die Spikes-Pflicht nicht, aber man wird schon seine Gründe haben.

Bei der Schupfnudelparty am Abend gibt es beim anschließenden Race-Briefing die letzten Informationen und gegen 21:00 Uhr liege ich im Hotelbett und versuche wenigstens noch ein bisschen zu schlafen, bevor der Wecker um 2:20 wieder klingelt.

IATF 2019 – 87k

Der Wecker klingelt und total verschlafen gönne ich mir zwei Nuss-Teilchen und nen Dosenkaffee einer Amerikanischen Kaffeekette, bevor ich mich fertig mache und auf dem Weg zum Start „denmitdemhut“ abhole.

Leichter Nieselregen sorgt dafür, dass sich auch 30 Minuten vor dem Start noch niemand draußen aufhält, sondern jeder im Congress noch Schutz sucht; und es gibt sogar kostenlosen Tee…genial! Gegen 3:45 Uhr begibt sich die Masse dann zur letzten Kontrolle der Ausrüstung und weiter in die Startaufstellung. Der Regen wird schwächer und um Punkt 4:00 Uhr geht es für uns auf die Strecke.

Nach einer kurzen Runde durch die Altstadt geht es entlang des Inn, hinein in den ersten Anstieg, hinauf zur Hungerburg. Die Klamottenwahl (kurze Hose, langes Shirt und Windbreaker) erweist sich als perfekt, denn schon nach den ersten Höhenmetern komme ich ordentlich ins Schwitzen. Im Kegel der Stirnlampe geht es weiter zur Umbrüggler-Alm und dann beginnt nach einer Mischung aus Asphalt und Forstweg der Single-Trail-Wahnsinn.

Es geht steil bergauf, danach wieder steil bergab, über umgestürzte Bäume, auf matschigen Trails in ziemlich abschüssigen Gelände. Der Kegel der Stirnlampe weißt den Weg und an manchen Stellen bin ich froh, dass ich nicht viel sehe und einfach nur laufe ohne mir groß Gedanken zu machen. In einem bunten Mix aus Trails und Forststraße geht es weiter zur VP Kranebitten. Zurück im Tal folgen nun ein paar flache Kilometer auf Asphalt, denn wir wechseln die Talseite und bahnen uns nun auf der anderen Seite den Weg.

Mein persönlicher Fotograf zur Dokumentation des körperlichen Verfalls 😉

Bei Kilometer 17 passiert es. Ich habe beide Stöcke in der Hand, rolle gemütlich dahin, als einer meiner treuen Begleiter den Geist aufgibt und an einer ungewöhnlichen Stelle einfach nachgibt und auseinanderfällt. Kein klassischer Stockbruch, sondern irgendwie anders. Faltstock und irgendwie hat sich eines der Verbindungselemente gelöst, aber ohne das der Seilzug gerissen ist. Fakt ist, dass Teil ist hin und nicht reparierbar.

Mit Stöcken starten heißt auch mit Stöcken finishen, also kommt der kaputte Stock in den Rucksack und es geht mit einem weiter. Gandalf / Rübezahl ist unterwegs! 😉

Nun beginnt unser Weg hinein ins Stubaital gefolgt vom längsten Aufstieg hinauf zum höchsten Punkt des Rennens. Hier musste die Strecke aufgrund von Lawinenabgängen etwas angepasst werden. Eingebüßt wurde eine geniale Passage auf der Mutterer Alm und ein paar Trails, dafür gibt es 2 Kilometer mehr Strecke und einen steileren Anstieg.

Das alles mit nur einem Stock…es ist ganz wunderbar! Ich hadere mit mir, ob es besser wäre auch den zweiten Stock wegzupacken, aber dann lasse ich es wieder und kämpfe mich mit einem Stock und der anderen Hand auf dem Oberschenkel weiter nach oben; hinauf zur Kreither Alm. Hier kommen wir auch zum ersten (und letzten) Mal in Kontakt mit einer kurzen Schneepassage, die aber meiner Meinung nach die Mitnahme von Spikes in keinster Weise rechtfertigt. Der Schnee trägt gut, eine Spur ist eingetreten und selbst wenn man abrutscht, dann wäre nach 1-2 Metern Schluss. Also sehen wir das Zusatzgewicht im Rucksack einfach mal als Training. 😉

Von hier oben geht es nun wieder runter ins Tal, wieder zurück nach Innsbruck, raus aus dem Stubaital, über Telfes und Schönberg, parallel zur A13; der Brennerautobahn. Unterhalb der Autobahn, irgendwo zwischen Mautstation und Europabrücke wird einem erst bewusst, was wir hier für Distanzen zurücklegen und dass es noch ein bisschen dauert bis wir wieder im Tal sind; und dann wartet immer noch der zweite Teil der Strecke.

Nach 55 Kilometern kommen wir am Gasthaus Bierstindl in Innsbruck an. Hier warten unsere Dropbags. Ich fülle meine Smoothies auf und lasse meine Spikes (wurde am Briefing erlaubt) sowie die Regenhose hier. Mit weniger Gewicht auf den Schultern geht es guten Mutes auf den zweiten Teil der Strecke.

Die ersten 55 Kilometer waren ziemlich flott und so langsam geht mir die Kraft für die flachen Passagen aus. Immer wieder muss ich kurze Gehpausen einlegen. Hinzu kommt ein Ziehen ein der Schulter, vermutlich bedingt durch die einseitige Belastung. Nur wenige Meter von meinem Hotel entfernt biegen wir nach rechts ab und es geht hinauf zum Herzsee; dem vorletzten größeren Anstieg des Tages.

Kurz vor der VP biege ich im Wald nochmal rechts ab und erleichtere mich. Nachdem es schon die ganze Zeit immer mal wieder etwas im Bauch gegrummelt hat, geht es mir jetzt besser und federleicht geht es weiter.

Auf dieser Seite von Innsbruck ist der Trailanteil nicht ganz so hoch wie am Morgen, aber er ist immer noch deutlich höher als ich es erwartet hätte. Auch auf dem Weg hinunter nach Hall haben die Veranstalter einen schmalen, steilen und verspielten Singletrail gefunden, der uns direkt am Autobahnzubringer wieder in die Zivilisation spuckt.

Es geht drei Kilometer stetig ansteigend durch Hall, bevor wir bei Kilometer 73 langsam die Stadt verlassen und den finalen Anstieg beginnen.

Es gibt motivierendere Momente als 14 Kilometer vorm Ziel die Stadt zu sehen und zu wissen, dass irgendwie auch noch 400 / 500 Höhenmeter dazwischen liegen.

Flache Passagen gehe ich jetzt fast ausschließlich. Bergauf bin ich im Rübezahl-Gandalf-Style unterwegs. Nur bergab versuche ich es einigermaßen rollen zu lassen, auch wenn sich die Beine seit einiger Zeit schon deutlich zu Wort melden und eigentlich keine wirkliche Lust mehr haben. So ein „flotter“ Ultra zum Saisonstart ist halt schon ein ordentliches Brett.

Foto by „nicht näher genannte Person“ a.k.a. M.G. 😉

Dann endlich, der letzte Anstieg ist geschafft und eine nicht näher genannte Person versichert mir auch noch, dass es jetzt nur noch bergab geht – ganz ohne Gegenanstiege.

Natürlich war das gelogen, denn auf dem wirklich sehr technischen Downhill, der mit seinen Singletrails noch mal ordentlich die Oberschenkel zum pumpen bringt, verbergen sich nochmal zwei kurze Gegenanstiege.

Vielen Dank! 😉

Dann endlich die Stadt. Zivilisation. Asphalt. Ich mobilisiere die letzten Kräfte um auch auf dem flachen letzten Kilometer durchzulaufen…erfolgreich!

Nach 11 Stunden und 26 Minuten stoppt die Uhr. Zwischendurch hatte ich, optimistisch wie ich bin, mal mit sub10 gerechnet, aber diesen Plan habe ich schnell wieder verworfen. Trotzdem bin ich sehr zufrieden und natürlich ordentlich geschafft. Es springt sogar Platz 33 am Ende raus! 😉

Die 87k des IATF waren am Ende wesentlich härter als ich es vermutet habe. Auch der Trailanteil war um einiges höher als erwartet. Klar, in den Ortschaften und Städten, die man zwangsläufig queren muss, geht es nicht ohne Asphalt und auf den Zubringern auch nicht ohne Forststraßen, aber dazwischen hat man glaube ich jeden Trail genutzt den man finden konnte…und was für geile Dinger da dabei waren.

Trailrunning war das definitiv, aber „alpin“ war eigentlich nur die Umgebung, denn in alpine Regionen stößt man zu dieser Jahreszeit noch nicht vor. Bis auf knapp 1500m sind wir gekommen und waren somit immer unterhalb der Baumgrenze unterwegs. Als „Alpines Gerenne“ würde ich das nicht bezeichnen.

In den genialen Räumlichkeiten das Innsbrucker Congress wurden am Abend die Flüssigkeitsspeicher wieder aufgefüllt. Leider war der Saal zu groß und die Meute wahrscheinlich auch zu müde, so dass trotz guter Band keine „Endless-Partystimmung“ aufkommen wollte. Gut für die Leber! 😉

IATF Fazit

Ein tolles Event hat sich hier über die letzten vier Jahre entwickelt und die Veranstalter versuchen wirklich alles rauszuholen, um den Teilnehmern ein unvergessliches Erlebnis zu bescheren. Hier und da gibt es sicher noch Verbesserungspotential (auch wenn man die Berichte über die anderen Distanzen liest), aber ich denke, das Event ist definitiv auf einem guten Weg und hat Potential für die Zukunft.

Das IATF ist ein knackiger Einstieg in die Saison und optimale Standortbestimmung, wenn man wissen möchte, wie man den Winter überlebt hat.

Hier geht es zum IATF-Move!

Und hier ist noch mein erstes Renn-Video und es ist definitiv noch eine Menge Luft nach oben, aber irgendwann muss man ja mal anfangen und sich ausprobieren. Garnicht so einfach, ein Gespür für die richtigen Bilder und Szenen zu entwickeln; und eine Story soll ja auch noch erzählt werden. Übung macht den Meister…und dieses Jahr warten ja noch einige Rennen auf mich! 😉

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