Limone Extreme Skyrace – Steil, steiler Gardasee

Da stehen wir (Tobi, Rupi und ich) um kurz vor elf im, mit 23 Grad, sommerlichen Limone am Gardasee und warten auf den Start des Limone Extreme Skyrace, powered by Dynafit. Das Finale der Skyrunning-Serie lockt 600 Starterinnen und Starter hierher, mehr oder weniger bereit sich dem steilen Kurs zu stellen.
Ganz vorne stehen die Stars der Szene. Kilian, Remi, Marco, gefolgt von vielen drahtigen und schnellen Italienern, angereichert mit mindestens genauso schnellen Vertretern aus den anderen Alpenstaaten und dem Rest der Welt; und wir mittendrin!
Das wird ein schnelles Rennen mit Laktathusten vom Feinsten.
Die ohnehin schnellen Italiener und Local Heroes werden aufgrund der Anwesenheit der Starts sicher nicht langsamer machen.

Startschuss zum Limone Extreme Skyrace

Um elf Uhr setzt sich der Tross in Bewegung. Zuerst etwas stockend findet man schnell eine halbwegs flüssige Geschwindigkeit. Zu Beginn standen wir etwa im Mittelfeld des Feldes und irgendwo zwischen Mittelfeld und erstem Drittel geht es nun durch die engen Gassen von Limone, angefeuert und euphorischen Italienern und den mindestens genauso zahlreich vertretenen Touristen, von denen sicherlich mehr als die Hälfte nicht weiß, was hier gerade abgeht.

Die ersten zwei Kilometer sind im Flachen relativ schnell abgespult und nach der Querung der berühmten Küstenstraße geht es richtig zur Sache:
Willkommen in der Vertikalen! Ein staubiger, gerölliger Trail zieht sich steil durch den Wald nach oben. Zu Beginn ist er noch breit genug, so dass sich die Massen halbwegs sortieren können, aber schon nach wenigen Minuten wird der Trail so schmal, dass das Überholen teilweise zur Millimeterarbeit wird und aufgrund der kurzen Sprints auch ordentlich Kraft kostet.

Ich schwimme so ein bisschen im Feld mit, werde kaum überholt und mache stattdessen einige Plätze gut. Aber ich merke schon, dass die Hitze für ordentlichen Schweißfluss sorgt und das doch sehr hohe Tempo sein Übriges dazu beiträgt. Ich befinde mich mehr so im Berglauf-Tempo, dass ich eigentlich einschlage wenn oben Schluss ist, aber hier geht es nach dem ersten Anstieg weiter, denn mit 30 Kilometern und 2700 Höhenmetern ist dieses Rennen alles, nur kein Berglauf. Es sind eher zwei bis drei Bergläufe hintereinander, mit jeweils einem mindestens genauso knackigen Downhill.

Also ist das Tempo in Ordnung, aber eben nicht für diese Art von Rennen.

Auf der Strecke ist schon verdammt viel los und immer wieder kommt es an Schlüsselstellen zu kurzen Staus. Die Pausen finde ich super, denn mal ein bisschen ausruhen kann ja nicht schaden. Nebenbei kann man auch ein paar Fotos von dieser gigantischen Strecke machen.

Nach etwas mehr als einer Stunde kommen wir an die erste größere Verpflegungsstation. Das Gelände wird kurz etwas flacher und ich merke deutlich, dass meine Beine jetzt schon ordentlich an Power eingebüßt haben. Das war definitiv zu schnell für den Anfang. Ich drücke mir einen Smoothie rein. Die kleinen Bananenstücke an der Verpflegungsstation rufen mir zu: „Iss mich, ich gebe dir Kraft. Deine Beine brauchen mich!“
Also gönne ich mir ein kleines Stück Banane (entgegen meiner eigentlichen Verpflegungstaktik) auf dem ich gefühlt zwei Minuten rumkaue.
Bis zu den Beinen schafft es dieses Stück aber nicht, denn es liegt mir nach nur kurzer Zeit wie ein Stein, tonnenschwer im Magen. Zu den schweren Beinen gesellt sich nun ein Druck in der Magengegend, der jeden Laufschritt mit einem kurzen, spitzen Stich quittiert. Gehen geht, aber Laufen nicht. In den kurzen Downhills klappt es mit einer Art Pressatmung ganz gut, aber Spaß macht es natürlich keinen.

Nach 1:35 Stunden bin ich an der nächsten großen Verpflegungsstation. Von hier aus werden wir auf einen Loop geschickt und kommen am Ende, nach knapp 5 Kilometern wieder hier an.

Auf in den Loop

Ich starte in den ersten längeren Downhill des Tages. So richtig rund läuft es nicht, aber es geht. Das Gelände ist nicht sonderlich technisch und so komme ich halbwegs fit unten an, bevor es zunächst etwas wellig, dann wieder ordentlich steil, in den nächsten Anstieg geht.
Jetzt geht es quasi zurück zur Verpflegungsstation, auf den Spuren des Vertical K’s vom Vortag. Es wird also steil, richtig steil. Eine Geländebeschaffenheit die mir eigentlich liegt, aber heute ist dem nicht so. Ich habe keine Kraft, der schnelle Start und der überpacete erste Uphill rächen sich erneut. Die Beine sind leer. Ich würde meine Hände gerne auf den Oberschenkeln abstützen, aber die sind so nassgeschwitzt, dass ich einfach keinen Halt bekomme und jedes Mal abrutsche. Eine schmierige Angelegenheit mit einer Mischung aus Schweiß und Waschmittel das aus der Hose gedrückt wird.

An den steilsten Stellen sind Seile gespannt an denen wir uns mehr schlecht als recht nach oben ziehen können. Ab und an überhole ich sogar noch jemanden aber der Blick in deren Gesichter zeigt mir nur, dass es ihnen wahrscheinlich noch ein Stück bescheidener geht als mir.

Zum ersten Mal macht sich der Gedanke in meinem Kopf breit an der nächsten Verpflegungsstation auszusteigen. Mal schauen! Eine Pause werde ich mir auf jeden Fall gönnen. Vielleicht kommt ja wieder Leben in meinen maroden Körper.
Aber erst Mal muss ich da überhaupt hinkommen und es dauert gefühlt eine Ewigkeit.

Nach 2:43 Stunden bin ich wieder an der Verpflegungsstation. Die Uhr zeigt 12 Kilometer, 1762 Höhenmeter im Anstieg und 675 Höhenmeter Abstieg. Es warten also noch knapp 900 Höhenmeter Uphill auf mich und 18 Kilometer. Oha!

Ich gönne mir erst einmal eine Pause. Cola, Cola, Cola, Eistee, ein bisschen ausruhen und das Feld beobachten. Helfer der Bergwacht laufen mit reichlich abgenommen Startnummern durch die Gegend. Hier scheinen also einige Läufer auszusteigen. Ich sitze da und beobachte weiter. Mache mir Gedanken und trinke Cola.
Ich hoffe auf einen PowerBoost. Eine Blitzschlag der mir mit einem Mal wieder Kraft gibt…irgend so ein Aha-Moment…aber nichts passiert.

Nach einer 23-minütigen Pause stoppe ich den Move auf meiner Uhr, mache meine Startnummer ab und übergebe sie der Bergwacht.

Das wars! Eventuell hätte ich das Ding durchwandern können, aber da die Power in den Beinen fehlt, habe ich Bedenken, dass ich den letzten, sehr technischen Downhill verletzungsfrei überstehe. Bergauf wäre ich sicher irgendwie hochgewandelt, aber bergab wäre alles andere als flüssig und risikofrei gewesen.

Es hat nicht sollen sein. Ich bin das Rennen einfach zu schnell angegangen und habe dann für das hohe Tempo bezahlt.
Am Ende ist dieses Skyrunning auch nicht mein Rennformat. Es darf ja gerne mal kürzer sein (30 Kilomter +-) aber dann bitte nicht so steil. Diese Steilheit, kombiniert mit technischen Downhills und einem schnellen Rennen liegt mir einfach nicht. Ich bleibe dann doch lieber bei den „flacheren Kurzdistanzen“ und den Ultras.
Aber es war eine Erfahrung wert und alleine von den Ausblicken her hat sich das Event gelohnt. Wahnsinn, was für eine Streckenführung. Ein würdiger Ort für das Finale der Skyrunning Serie.

Glückwunsch an Rupi und Tobi die das Rennen gefinished haben und sich äußerst solide im Mittelfeld platziert haben.

Was mir aber aufgefallen ist, ist der enorme Dreck an Gelverpackungen und sonstigem Zeug auf der Strecke. Das habe ich in solch einer Intensität noch nicht gesehen. Auch die ganzen Plastikbecher an den Verpflegungsstationen, die teilweise auch 100 Meter später noch weggeworfen wurden, passen nicht so ganz ins Bild. Da besteht von Seiten der Veranstalter noch Nachholbedarf.

Hier geht es zum Overpaced-Move!

P.S.:
Dieser Amerikaner wollte unbedingt ein Selfie mit mir machen. Keine Ahnung warum. Vielleicht kennt ihn ja jemand von euch. Mir kommt er irgendwie bekannt vor, aber es fällt mir gerade nicht ein. 😉

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