Interview mit Steve Auch

Nein, ich habe keine gespaltene Persönlichkeit und rede auch nicht mit mir selbst…oder doch?
Julia hat mich vor einiger Zeit mal auf die Idee gebracht, ein Eigeninterview auf dem Blog zu veröffentlichen, um einen kleinen Einblick zu geben, wie ich zum Trailrunning gekommen bin und so vielleicht auch die in oder andere Hilfestellung für „Anfänger/innen“ zu liefern.

Das Interview führt Steve 1 mit Steve 2.
Steve 1 liest ab und an auf dem Blog, ist nicht sonderlich sportlich, aber auch kein Couch-Potato und interessiert sich fürs Trailrunning.
Steve 2 bin ich…oder bin ich Steve 1…oder 3…ahhhhh!

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Du läufst ja schon teilweise sehr lange Strecken und bist in der Woche viel unterwegs. Sicher warst du schon immer ein sehr sportlicher Typ, oder?
Eigentlich nicht. Mit sechs Jahren habe ich, nach einem kurzen erfolglosen Auftritt im Turnen, mit Leichtathletik angefangen. Knapp sieben Jahre habe ich mich, zum Ende hin sogar mit Podestplätzen auf Kreis- und Bezirksebene, im Dreikampf probiert. Es hat mir viel Spaß gemacht, aber ich hasste Strecken die länger waren als 400m und immer wenn mal ein Dauerlauf auf dem Programm stand, lies ich das Training ausfallen; nebenbei habe ich auch noch zwei Jahre Kung-Fu gemacht.
Mit 14 begann dann die wilde Zeit und Computer, Zigaretten und Partys vertrieben den Sport zusehends von der Bildfläche. Es gab kurze Intermezzos mit dem Volleyball und dem Badmintonschläger.
Was mir immer blieb war die Lust zu Wandern und die Leidenschaft in die Berge zu fahren. Das alles beschränkte sich zwar auf einen Urlaub pro Jahr mit meinen Eltern, aber auch als ich selbst entscheiden konnte wo es hingehen soll, standen die Berge immer im Vordergrund.
Auch in meiner Bundeswehrzeit hasste ich das Laufen und meldete mich oft krank oder drückte mich mit wilden Aufträgen davor.


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Und wie bist du dann zum Trailrunning gekommen?
Mittlerweile hatte ich seit einiger Zeit (es muss irgendwann 2007 gewesen sein) Gefallen am Laufen gefunden. Zwar nicht sonderlich ambitioniert und regelmäßig, aber es gab Tage, an denen ich freiwillig bis zu 10 Kilometer gelaufen bin; etwas was ich mir vorher nie vorstellen konnte. Nach über zehn Jahren als Raucher, hatte ich am 12.11.2007 meine letzte Zigarette ausgedrückt, was meinen Lauf- und Sportambitionen sicherlich nicht geschadet hat.
So wanderte ich 2008 auf dem Maximiliansweg und ein Jahr später ging es hoch hinaus. Zuerst auf den Mt. Meru und den Kilimanjaro und zum Abschluss noch auf den Fujiyama.
Beruflich hat es mich im August 2009 nach Bad Reichenhall verschlagen und endlich war ich den Bergen jeden Tag so nahe, wie sonst davor nur im Urlaub. Ich verbrachte fast jede freie Sekunde in den Bergen. Es gab sogar einen ersten kleinen, wenn auch nicht wirklich forcierten, Trailrun.
Ich war früher schon relativ flott in den Bergen unterwegs und lag immer unter den angegeben Wanderzeiten. Anfang 2010 kam mir dann die Idee den Königssee, von Bad Reichenhall aus, zu umwandern. Relativ zeitgleich wurde ich auf Stephan Tassani-Prell und seine Sportart, Trailrunning, aufmerksam.
Ich fing an, mir ein Ziel zu suchen, um die ersten Versuche im „schnellen Berggehen“ zu vergleichen und schloss am 31.07.2010 mein „Projekt Königssee“ ab.
Danach rückte Trailrunning wieder etwas in den Hintergrund und Klettern, Klettersteige und Bergtouren in den Vordergrund.
Bei meinem ersten Trailrunner’s Runday am 26.02.2011 platzte dann endgültig der Knoten und ich war infiziert. Infiziert mit dem Virus Trailrunning.
Ich lernte auf einen Schlag viele verrückte und nette Menschen kennen, die alle die selbe Leidenschaft haben und diese Leidenschaft leben und mit anderen Leuten teilen, wie ich es vorher noch nie erlebt hatte. Es ist schwer zu beschreiben was damals genau passiert ist, aber eines stand fest: Es war genial, gigantisch, geil!

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Und seitdem war für dich klar, wie es weitergeht?
Ab diesem Moment war für mich klar, dass Trailrunning mein neues Hobby wird und aus diesem Hobby wurde im Laufe der Zeit eine Leidenschaft. Andere Hobbys, wie zum Beispiel das Klettern, rückten dafür zwar in den Hintergrund, aber Trailrunning macht mir einfach soviel Spaß, dass ich darauf nicht mehr verzichten möchte.

Und du hast schnell Fortschritte gemacht?
Das ist schwer zu sagen und genauso schwer zu bewerten. Das Laufen abseits von Asphalt, besonders wenn es dabei auch noch bergauf und bergab geht, ist etwas total anderes und am Anfang ist man erst einmal verwundert, wie „langsam“ man unterwegs ist. Mit der Zeit macht man aber immer mehr Fortschritte und kann immer länger und weiter laufen. Ich erinnere mich noch an die Anfangszeit, als ich nach 200 Höhenmetern die erste Pause gebraucht habe oder ins Gehen übergegangen bin; heute komme ich da wesentlich weiter und laufe auch mal 1200 Höhenmeter oder zwei Stunden bergauf, bevor ich ins Gehen überwechsle.
Das hängt natürlich alles immer von der individuellen Tagesform und auch vom Gelände ab. 1200 Höhenmeter in den Alpen sind mit 1200 Höhenmetern im Mittelgebirge nicht zu vergleichen.
Jeder Trail ist anders!


Das heißt, du läufst überhaupt nicht mehr auf Asphalt?
Ganz lassen sich Asphaltstücke nur selten vermeiden, denn irgendwann kommt man mit ihm fast immer in Kontakt; sei es am Anfang auf dem Weg zum Trail oder irgendwo auf einem Teilstück in der Mitte. Ich versuche den Asphalt weitestgehend zu meiden, aber wie gesagt: Immer ist das nicht möglich.
Ab und an kann eine kleine Runde auf Asphalt auch mal für etwas Abwechslung sorgen.


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Wie sieht dein Trainingsplan aus?
Ich habe keinen Trainingsplan. Ich laufe weil es mir Spaß macht und wann es mir Spaß macht. Ein fester Plan würde mich zu sehr einschränken und das möchte ich nicht. Ich möchte abends nach der Arbeit noch ne kleine Runde laufen oder am Wochenende nach einer langen Nacht auch mal eine Pause einlegen.
Wenn ich Lust habe, dann laufe ich fast jeden Tag oder manchmal auch nur zweimal in der Woche. Mal sind es 20 Wochenkilometer und dann wieder über 100.
Mal laufe ich gemütlich 300 Höhenmeter und wenn ich Lust drauf habe, dann schaue ich auch mal wie viel Höhenmeter ich in 30 Minuten schaffe.
Mit einem Trainingsplan würde mir diese Flexibilität verloren gehen und mit ihr sicherlich auch der Spaß.


Und wie sieht es mit Wettkämpfen aus?
Anfangs konnte ich mir die Teilnahme an Trail-Events absolut nicht vorstellen, da es mir beim Trailrunning nur um den Spaß und das Erlebnis geht und nicht um den Wettkampf-Gedanken. Irgendwann war ich dann aber von den Videos und Berichten über solche Events so angetan, dass ich es einmal ausprobieren wollte. Beim Salomon Zugspitz Supertrail habe ich dann mein Debüt gegeben und war total geflasht. Eine tolle Strecke, super Erlebnisse und dabei habe ich noch lauter coole Leute kennen gelernt, die alle so verrückt sind wie ich.
Kurzum: Es hat mir wahnsinnig viel Spaß gemacht und somit war kurz nach dem Supertrail für mich klar, dass ich so etwas öfter machen möchte.
Mir ist klar, dass ich nicht vorne mitlaufen werde, aber das ist auch nicht wichtig. Wichtig ist mir, viele Leute kennen zu lernen, alte Bekannte wieder zu treffen und den Trail zu genießen ohne dass man sich groß Gedanken über die Streckenführung oder sonstige Sachen machen muss.
Eine super Gelegenheit neue Gegenden und verrückte Leute kennen zu lernen.


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Trailrunning…alleine, zu zweit oder in der Gruppe?
Kommt ganz darauf an und die Mischung macht’s.
Ich bin oft alleine unterwegs, gerade bei spontanen Touren oder wenn es schon sehr früh morgens losgeht. Trailruns zu zweit machen aber auch sehr viel Spaß und können sehr inspirierend sein. In der Gruppe ist es noch mal was Anderes, denn wo sonst trifft man auf so viele Gleichgesinnte und lernt so schnell und einfach Leute kennen, die dieses „außergewöhnliche“ Hobby haben.
Überhaupt wird man sehr schnell in die „Trailrunning-Familie“ aufgenommen und ist mit so vielen, verschiedenen Leuten unterwegs.
Ich möchte keine gemeinsame Sekunde missen, die ich mit all diesen wunderbaren Menschen auf den Trails verbracht habe. Ohne sie, wäre ich heute sicherlich nicht dort wo ich bin und es hätte sich aus einem einfachen Lauf, nie eine solch große und intensive Leidenschaft entwickeln können.
Ihr seid die Besten!


Kurz und bündig: Was ist Trailrunning und was bedeutet es für dich?
Trailrunning ist das Laufen abseits von Asphalt, auf Waldwegen, Wanderwegen oder auch unbefestigten Bergsteigen und es bedeutet für mich draußen in der Natur zu sein und (bezogen auf mein Laufrevier) die Berge und das ganze Drumherum intensiv zu erleben.

Erleben? Geht das überhaupt wenn man durch die Berge rennt?
Eine Frage die sehr häufig gestellt wird und sicherlich immer gleich beantwortet wird: Ja, es geht.
Ich bleibe bei meinen Läufen stehen wenn ich irgendetwas Besonderes sehe oder stehen bleiben möchte. Ich bleibe stehen wenn ich eine Pause brauche oder ein Foto machen möchte. Ich mache Fotos auf dem Weg und nehme mir oft auch die Zeit auf dem Gipfel. Oft genug kommt, gerade bergauf, der Moment, in dem man ins schnelle Gehen übergeht und nicht mehr läuft. Das ermöglicht auch wieder eine andere Wahrnehmung.
Ich erlebe die Umgebung genauso wie ein Wanderer und ich sehe auch die gleichen Berge. Auch ich schalte ab wenn ich den Bergen unterwegs bin und fühle mich nach einem Lauf entspannt; vielleicht anders entspannt als ein Wanderer, aber entspannt.
Ich würde sogar sagen, dass ein Trailrunner mehr Eindrücke wahrnimmt als ein Wanderer, denn während der Wanderer zum Beispiel bei einer Königssee-Umrundung innerhalb von vier Tagen Impressionen sammelt, bekommt der Trailrunner diesen Flash innerhalb von 12 Stunden. Das ist ein sehr intensives Erlebnis und gerade der letzte Abschnitt einer solchen Tour, wenn einem die vergangen Stunden noch einmal komplett durch den Kopf gehen, kann sehr emotional sein.


Was rätst du jemandem der mit dem Trailrunning anfangen möchte?
Die Sache langsam angehen und immer darauf achten, dass der Spaß im Vordergrund steht. Wer in der Ebene schnell läuft, muss nicht unbedingt auf dem Trail oder am Berg schnell laufen…das sind zwei total verschiedene Dinge. Für den Anfang lieber eine einfache Strecke suchen und sich dann nach und nach steigern. Nicht aufgeben, sondern immer weiter probieren. Wenn der Körper eine Pause braucht, wird er sich melden und dann sollte man ihm auch eine Pause gönnen – egal ob nur fünf Minuten während des Laufs oder drei/vier Tage nach einer intensiven Laufwoche.
Das Wichtigste sind gute Schuhe, die restliche Ausrüstung kommt dann mit der Zeit. Wenn es mal etwas länger wird, ist eventuell ein Lauf/Trink-Rucksack sinnvoll oder für die Wintermonate eine Stirnlampe wenn man gegen Abend unterwegs ist.
Wichtig ist auch der gute, alte Spruch: „Es gibt keine schlechtes Wetter, sondern nur schlechte Kleidung.“
Ergänzen kann man diesen Spruch durch mein Motto: „Bei gutem Wetter kanns jeder!“
Man sollte allerdings stets ein Auge auf die richtige Ausrüstung haben. Wenn man einen langen Lauf bei 30 Grad plant, dann sollte man auch etwas zu Trinken dabei haben und wenn man auf einen Berg läuft und es hat im Tal nur 5 Grad, dann ist es oben noch kälter; kurze Hose und T-Shirt sind da sicherlich unangemessen.


Und wie geht es bei dir weiter?
Das ist eine gute Frage.
Hätte mir vor acht Jahren jemand gesagt, dass ich einmal freiwillig laufen werden, ich hätte ihm nicht geglaubt.
Hätte mit vor drei Jahren jemand gesagt, dass ich einmal die Berge auf und ab rennen werde, ich hätte ihn ausgelacht.
Hätte mir vor einem Jahr jemand gesagt, dass ich einmal an Trail-Events teilnehmen werde und dabei Strecken jenseits der Marathondistanz laufen werden, ich hätte ihn für verrückt gehalten.
Man sieht deutlich wie vielfältig Trailrunning ist und wie man immer wieder neue Herausforderungen findet. Im Moment fühle ich mich auf Strecken um die 70 Kilometer sehr wohl, aber vielleicht kommt schon in zwei Jahren der erste 100er.
Egal was auch kommt, ich werde mir den Spaß und die Freude nicht nehmen lassen und bei Allem was ich tue, wird das Erlebnis im Vordergrund stehen.
Ich möchte tolle Trails entdecken, phantastische Leute kennen lernen und meine Leidenschaft mit Anderen teilen.

keep on trailrunning!

P.S.: Hier findet ihr ein paar Highlights meiner Berg- und Trailtouren

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