Eine Haglöfs Karosserie auf einem Asics Fahrgestell, das ist der Haglöfs Gram Comp…eine monochrome Wunderwaffe?
Was macht eine Sohle von Asics, an einem Schuh von Haglöfs? Ganz einfach: Haglöfs wurde im Juli 2010 an Asics verkauft und jetzt nutzt man eben die Expertisen beider Unternehmen und versucht sich am ersten Trailrunning-Schuh der Marke Haglöfs, macht dabei aber deutlich, dass Asics mit von der Partie ist und man so durchaus mit einem guten, bis sehr guten Erstlingswerk rechnen kann…sofern man das Rad nicht neu erfindet und sich auf gemachte Erfahrungen stützt.
Die Farbe ist wohl das auffälligste an diesem Schuh, denn mit der monochromen Farbwahl, und noch dazu mit den grellen Farben, betritt Haglöfs Neuland. Ist man doch normal bunte Schuhe in möglichst wilden Farbkombinationen gewöhnt, wird es jetzt eintönig, aber keineswegs langweilig und unauffällig.
Die Sohle kommt von Asics und hierbei handelt es sich um eine AHAR+ (Asics High Abrasion Resistance Rubber). Sie soll für eine bessere Strapazierfähigkeit und Dämpfung sorgen. Es scheint, wenn ich das richtig erkenne, die gleiche Sohle wie auf dem Asics Gel Fuji Fellracer zu sein.
Die Solyte-Zwischensohle legt ihr Hauptaugenmerk ebenfalls auf die Dämpfung, ist darüber hinaus auch noch sehr leicht und soll trotzdem sehr robust und unanfällig fürs Durchtreten sein. Zudem sorgt eine (Fels-)Schutzplatte für eine gute Protektion des Fußes.
Der bewährte GEL-Fersenbereich von Asics sorgt für zusätzliche Dämpfung und soll eine möglichst optimale Absorption der Stoßenergie gewährleisten.
Der Haglöfs-Aufbau (Stablelite ESS-Chassis) sorgt für mehr Stabilität, optimalen Halt und Beweglichkeit.
An der Ferse befindet sich, wie auch schon bei vielen Asics-Modellen, reflektierendes 3M.
Sowohl der Fersen- als auch der Zehenbereich, sind durch TPU verstärkt und bieten somit einen besseren Schutz vor Stößen und Schlägen.
Bewusst wurde versucht beim Gram Comp auf so viele Nähte wie möglich zu verzichten, um den Komfort beim Laufen zu erhöhen und im Vorfeld unangenehme Druckstellen zu vermeiden.
Die Anti-Gravel-Zunge soll verhindern, dass Matsch in die Schuhe eindringt.
Die geniale Farbe stößt mir zuerst ins Auge als ich den Schuh auspacke, dicht gefolgt von dem relativ geringen Gewicht von 570g pro Paar (Größe 46). Damit ist er, im Vergleich zu anderen Schuhen dieser Kategorie, ziemlich leicht.
Mit einer Sprengung von 7,5mm (17,5mm Ferse auf 10mm Vorfuß) pendelt er sich im Mittelfeld ein, gehört aber schon zu den Schuhen mit einer etwas geringeren Fersensprengung.
Der Gram Comp ist auch der erste Schuh auf den mich meine Nachbarn ansprechen.
Ziemlich Trailrunning-untypisch wasche ich meine Schuhe nach jedem Einsatz in der Badewanne kurz ab. Während dem Laufen dürfen sie ruhig richtig dreckig werden, aber bevor sie wieder ins Regal wandern, müssen sie sauber sein.
Zum trocknen stelle ich sie dann immer auf die Terrasse. So haben meine Nachbarn eigentlich schon meine gesamte Schuhkollektion gesehen und nie etwas dazu gesagt. Bis dann eben mal die Gram Comp zum trocknen draußen standen und ich gefragt wurde, warum ich meine Schuhe ansprühe. Die Erklärung, dass das so gehört und die Schuhe nur eine Farbe haben, stieß zuerst auf ratlose Gesichter, aber mit der Zeit konnten sie sich wohl mit dem neuen „Stil“ anfreunden.
Auch unterwegs erntet man immer wieder verdutzte Blicke und wird wesentlich öfter auf die Schuhe angesprochen als sonst.
In diesem Punkt hat Haglöfs wohl einen absoluten Volltreffer gelandet.
Schade ist nur, dass man den Dreck nie mehr ganz raus bekommt; zumindest nicht mit herkömmlichen Methoden. Es wäre einfach nur genial, wenn die Schuhe jetzt noch so leuchten würden wie am ersten Tag.
Aber Aussehen ist nicht alles, die Teile müssen auch was können.
Und die Teile können was. Überraschenderweise scheint dieses Erstlingswerk wohl alle Erwartungen zu übertreffen. Ich mag die Dämpfung und sowohl die Stabilität, als insbesondere auch der Fersenhalt sind sehr ausgewogen. Die Ferse kippelt nicht beim Aufkommen und auch so vermittelt der Schuh ein sehr stabiles Laufgefühl. Dank der Dämpfung eignet er sich auch sehr gut für lange Läufe und verzeiht auch einen etwas unökonomischen Laufstil zum Ende hin.
Die Protektion des Fußes ist nicht ganz so gut wie Stabilität und Dämpfung, aber immer noch ausreichend für raue Alpentrails. Das ist sicherlich auch dem geringen Gewicht geschuldet, denn irgendwo muss es ja herkommen. Da Haglöfs wohl nicht auf den Laufkomfort verzichten wollte, haben sie eben in diesem Bereich einige Einschnitte gemacht. Sicherlich hängt das auch mit den verwendeten Materialien zusammen; hier wurde bewusst auf etwas Leichteres zurückgegriffen. Das macht sich auch an der Robustheit des Materials bemerkbar, dass etwas anfälliger für rauen Felskontakt ist.
Vielleicht fällt es aber auch einfach nur aufgrund des monochromen Designs auf.
Der Schuh macht wirklich Spaß und die Sohle gräbt sich mit ihrem Profil mühelos in losen Untergrund und bietet den nötigen Grip. Auch bergauf, auf Felsen und Geröll sorgt sie für genug Grip, aber nur solange der glatte Untergrund trocken ist.
Sobald die Felsen oder auch der Asphalt nass sind, stößt der Haglöfs Gram Comp schlagartig an seine Grenzen. Der Grip auf nassem Untergrund ist, sofern sich der Schuh nicht irgendwie eingraben kann, sehr schlecht. Er erinnert mich von der Performance sofort an den Speedcross 2 von Salomon, der auf nassem Asphalt oder nassen Felsen ein ähnliches Problem hatte. Hier besteht noch Verbesserungsbedarf.
Die Schnürung des Schuhs ist sehr gut, fixiert ihn optimal am Fuß, ohne unnötigen Druck auszuüben. Zudem hält sie auch ohne doppelten Knoten sehr gut. Eine kleine Tasche zum Verstauen wäre vielleicht noch eine Option für die nächste Version.
Die Zunge ist eine „Doppel-Zunge“. Man hat zum einen den oberen Teil, der, fest mit dem Schuh vernäht, den Dreck aus dem Schuh halten soll und den unteren Teil, der aus einer herkömmlichen Zunge besteht. Diese ist sehr dünn, minimalistisch eben um Gewicht zu sparen, und nur am unteren Ende mit dem Schuh vernäht. Die Polsterung in diesem Bereich ist absolut ausreichend, allerdings verrutscht die Zunge sehr schnell und wandert, je länger man sie nicht nach oben zieht, mit der Zeit immer weiter nach unten. Hier hätte eine kleine Naht oder eine etwas andere Konstruktion sicher dafür gesorgt, dass sich die Zunge wesentlich besser fixieren lässt. Eventuell würde sogar eine kleine Öse zum einfädeln der Schnürung im oberen Bereich ausreichen.
Die Einlegesohle muss ich unbedingt noch erwähnen. Auch hier setzt Haglöfs auf das Minimal-Konzept und hat lediglich das Firmenlogo in die Sohle gepresst. Absolut ausreichend und man hat keine Aufkleber oder sonstiges Zeug, was sich sowieso nach den ersten 50 Kilometern löst, zuerst wild im Schuh rumfliegt und irgendwann eine feste Verbindung mit den Socken eingeht. Hier können sich so einige Hersteller noch eine Scheibe abschneiden. Die Innensohle ist das, was man am allerwenigsten sieht. Da muss man nichts draufkleben…macht es einfach so wie Haglöfs beim Gram Comp.
Ein wirklicher toller Schuh, der mich total überrascht hat. Abgesehen vom Grip auf nassem Stein und der Sache mit der Zunge finde ich diesen monochromen Blickfang einfach genial. Dieser Schuh wird mich sicher noch bei einigen Touren begleiten und ich freue mich jetzt schon auf den Nachfolger. Wenn Haglöfs lediglich die Mängel beseitigt und nicht versucht einen komplett neuen Schuh zu designen, dann kommt da eine richtige Rakete auf den Markt, die so manchem Topmodell von anderen Herstellern, deutlich Konkurrenz machen wird.
12 Gedanken zu “Haglöfs Gram Comp”
hi steve… ich seh den wald vor lauter schuhen bei dir nicht mehr 😉 … ich glaube so langsam musst du bei dir anbauen damit du die ganzen schuhe gelagert bekommst… du bist ja schlimmer wie manche frauen ;-))
aber zurück zum bericht – wie immer erfrischend geschrieben und man sieht dass du spass hattest!
VG!
Danke dir Ralf
Anbauen muss ich noch nicht, aber so langsam werden das überfüllte Regal und der überfüllte Schrank noch voller. Im Keller lagern schon die fast nicht mehr genutzten Bergstiefel.
Ich kann mich aber auch von keinem Modell so richtig trennen und es in den Keller bringen, denn irgendwie laufe ich jeden Schuh mal wieder.
Alles nicht so einfach! 😉
die perfomance ist gut, fühlt sich bodennahe an. der schuh ist aber bei nässe auch genauso kacke wie der speedcross, dass stimmt. ansonsten bin ich ganz zufrieden. auch mit der haltbarkeit.
und bei der farbe von vorteil: das außenmaterial lässt sich eigentlich immer ganz gut reinigen finde ich.
Bis auf die Sache mit der Zunge und der Performance bei Nässe bin ich auch sehr zufrieden.
Ich freue mich schon auf die Version 2.0!
Hello, hello,
wir haben die feinen Schühchen auch schon bei uns stehen und werden heute eine Runde damit drehen. Mal schauen, wie unser Testurteil ausfällt. Rein opisch sind sie halt wirklich der Hammer, wenn ich das mal so sagen darf!
LG Sabrina
Yeah, viel Spaß damit!
Wie gesagt, nur auf nassem Untergrund aufpassen und daran gewöhnen, wie der Schuh reagiert.
LG
Steve
Ich habe mir den Haglöfs – Gram XC Q bestellt. Ich erkenne aber Unterschiede in der Sohle. Meinst du das ich den trotzdem für einen Ultratrail nutzen kann. Bin mir da sehr unsicher da ich bei Trailschuhen immer nur mit Salomon gelaufen bin.
Ich orientiere mich gern neu, daher jetzt mal so!
Hi Juli,
kenne den XC Q leider nicht. Da hilft nur ausprobieren.
Der Schuh hat eine Asics Elite – Sohle…der fetzt bestimmt.
Viele Grüße
Steve