Das Feedback zu meinem Beitrag „Wo ist eure Leidenschaft fürs Laufen geblieben“ hat mich echt überwältigt.
Vielen Dank für eure Kommentare und den ganzen Input, egal ob digital oder analog.
Ein paar Punkte würde ich gerne aufgreifen:
Auf zum Triathlon
Wenn es zeitlich passt, dann werde ich mich nächstes Jahr mal nach Roth begeben und mich an die Strecke stellen und ein bisschen Triathlon-Feeling aufsaugen. Ich habe dieses Jahr schon ein paar Videos von den Hot Spots gesehen und eure Kommentare haben bestätigt, dass man sich das unbedingt mal anschauen muss.
Auch wurde mir berichtet, dass es in der Triathlon-Szene zwar auf der Jagd nach Bestzeiten und Platzierungen wesentlich kompetitiver zugeht, aber die Art der „Selbstdarstellung“ in den sozialen Netzwerken bei Weitem nicht so intensiv ist wie im Trailrunning-Sektor.
Ebenfalls spielt der Trainingsaufwand eine Rolle, der beim Triathlon um einiges höher ist als beim Trailrunning. Man möchte ja schließlich alle drei Sportarten beherrschen und nicht nur eine.
„Leidenschaft“ bewegt viele
Auffällig ist auch, dass das ganze Thema „Laufen, Leidenschaft und Social Media“ wohl viele Leute umtreibt und auch andere Blogger diese Thematik in letzter Zeit aufgegriffen haben.
Da scheint also etwas dran zu sein.
Gabriel von bergaufundbergab hat sich genauso mit diesem Thema befasst wie Erika von ulligunde. Robert von Vitamin Berge thematisiert es demnächst in seinem Podcast und auch Deichläufer Volker hat sich schon seine Gedanken gemacht.
Auch wenn mein Artikel sicherlich etwas pessimistisch war und stellenweise einiges an Schwarzmalerei enthielt, so bin ich doch gespannt, was passiert, wenn ich diesen Beitrag in zwei oder drei Jahren mal wieder aus dem Archiv krame. Hatte ich Recht oder doch nicht?
Trailrunning und das Alter
Johannes hat das Gefühl, dass es dieses Problem in anderen Ländern wie zum Beispiel der Schweiz, Italien, Frankreich oder Spanien nicht gibt und das obwohl die Jungs und Mädels dort meist noch ein Stück leistungsstärker sind als wir in Deutschland.
Spontan dachte ich, dass es vielleicht daran liegt, dass die Sportart dort „älter“ ist, somit auch die Teilnehmer älter sind und deren Affinität zu den sozialen Netzwerken einfach eine andere ist.
Das führte mich zu einer kleinen Datenerhebung bezogen auf das Durchschnittsalter bei verschiedenen Laufevents. Hierbei habe ich versucht eine bunte Mischung aus bekannten und hoch frequentierten Events aus der ganzen Welt abzudecken.
Betrachtet wurden zwei Jahre (2014 und 2016). Ausgegeben wir das jeweilige durchschnittliche Geburtsjahr. Die Differenz zwischen 2014 und 2016 sollte im Optimalfall bei 2 liegen, was bedeutet, dass sich das Durchschnittsalter nicht verändert hat. Bei einem Wert kleiner 2 ist das Teilnehmerfeld älter geworden. Bei einem Wert größer 2 ist das Feld jünger geworden.
Event | 2014 | 2016 | Differenz |
---|---|---|---|
Lavaredo | 1972 | 1973,97 | 1,97 |
ZUT | 1971,92 | 1973,95 | 2,03 |
Transvulcania | 1974,87 | 1975,93 | 1,06 |
Squamish 50k | 1976,43 | 1976,72 | 0,29 |
Tor des Geants | 1970,79 | 1971,68 | 0,89 |
UTMB | 1971,78 | 1974,41 | 2,63 |
Eiger 51k | 1971,07 | 1973,8 | 2,73 |
Western States | 1972,14 | 1973,36 | 1,22 |
Leadville | 1974,37 | 1975,1 | 0,73 |
The Rut | 1979,42 | 1980,32 | 0,9 |
Biel 100 | 1965,88 | 1967,16 | 1,28 |
Rodgau 50 | 1966,28 | 1968,85 | 2,57 |
Rennsteig 72k | 1966,81 | 1967,32 | 0,51 |
Es fällt auf, das The Rut ein verdammt junges Teilnehmerfeld hat und die „Flachen Klassiker“ wie Biel und Rodgau ein verhältnismäßig altes Feld, wobei Rodgau die Tendenz aufweist langsam jünger zu werden. Events wie Eiger und UTMB könnten die nächsten Jahre noch jünger werden und beim Squamish 50 wird das Feld älter.
Ansonsten ergibt sich dazwischen ein relativ homogenes Verhältnis und weitere Ausreißer noch oben oder unten.
Wirkliche Schlüsse kann man aus diesen Daten aber nicht ziehen und erklären lassen sich die Entwicklungen mancher Events auch nicht.
In einem nächsten Schritt werfen wir einen Blick auf die Nationen.
Hier wurden beide Jahre (2014 und 2016) zusammen betrachtet. In die Auswertung flossen einmal alle Events ein und in einem zweiten Schritt alle Events außer Biel und Rodgau.
Nation | Alle Events | ohne Biel und Rodgau |
---|---|---|
ITA | 1970,97 | 1971,05 |
FRA | 1972,41 | 1972,55 |
GER | 1967,53 | 1971,75 |
ESP | 1974,89 | 1974,90 |
SUI | 1970,35 | 1973,22 |
GBR | 1973,18 | 1973,38 |
AUT | 1970,87 | 1973,53 |
USA | 1975,90 | 1975,92 |
Gesamt | 1971,43 | 1973,79 |
Es fällt auf, dass die Deutschen im Schnitt die ältesten Teilnehmer stellen. Erst wenn Biel und Rodgau aus der Betrachtung genommen werden, dann ist Italien die älteste Nation, aber dicht gefolgt von Deutschland.
Die jüngsten Teilnehmer kommen aus den USA. Dies erklärt vielleicht das junge Durchschnittsalter bei The Rut, wenngleich aber immer noch fast 5 Jahre dazwischen liegen.
Im Schnitt ist der Deutsche also knapp 45 Jahre alt wenn er an einem Event teilnimmt und ist somit im Schnitt zwei Jahre älter als der Rest.
Sind es am Ende garnicht die jungen Wilden die für diese Stimmung in den sozialen Netzwerken sorgen, sondern eher die „Alten“, die, gefangen in der Midlifecrisis, nach Bestätigung und Anerkennung suchen.
Verliert man im Alter die Leidenschaft am Laufen?
Ich denke die Wahrheit liegt irgendwo dazwischen!
Trainingswettkampf und Leistungsdruck
Mein Unwort „Trainingswettkampf“ und die ständige Rechtfertigung für die Leistung beruhen vielleicht auch auf einer ganz anderen Sache.
Vielleicht wollen sich die Läufer nicht rausreden weil sie nicht zufrieden sind, sondern sie versuchen es den Anderen, die alles was nicht auf den Plätzen 1 bis 3 endet nicht verstehen, zu erklären.
Mit anderen Worten: Der Läufer weiß seine Leistung durchaus einzuschätzen und hat mit dem Überschreiten der Ziellinie eigentlich schon alles abgehakt, aber die Nachfragen aus der Masse sorgen dafür, dass er sich für seine Leistung rechtfertigen muss. Ein „Es lief halt nicht, ich war scheiße drauf“ wird dabei nicht akzeptiert und so fängt man an das Ergebnis schön zu reden und beschwichtigt die Massen.
Es ist also der Druck von außen, der Leistungsdruck, der letztendlich dazu führt.
Zu solche einer Situation gehören aber immer zwei!
Natürlich der/die Eine, der/die sich unter Druck setzen lässt und die Gegenkraft, die den Druck überhaupt erst ausübt.
Vielleicht sollten wir alle mal unser Verhalten hinterfragen und beim nächsten Mal erst einmal schauen, was wir zu dieser Situation beigetragen haben.
Vergesse nie: Wenn du mit einem Finger auf jemanden zeigst, dann zeigst du auch gleichzeitig mit drei Fingern auf dich!
8 Gedanken zu “Nachlese zum Thema „Leidenschaft“”
Es wird sie immer und überall geben, die SCHNELLER HÖHER WEITER TREPPCHEN MEDAILLE UM JEDEN PREIS EHRGEIZ ANERKENNUNG. Es wird auch immer die geben, bei denen die Freude am Laufen überwiegt, am Besonderen, an der Atmosphäre, am Profil, an der Gegend, mit Gleichgesinnten, die das mitnehmen, wozu sie gerade fähig sind, ohne dabei ihr restliches Leben wegen des Erreichens großer Ziele ins Schleudern zu bringen.
Dazu zähle ich mich auch: die Freude überwiegt, ich laufe für mich, ich laufe nicht gegen vermeintliche Konkurrenz, das einzige Ziel, das ich dabei aber habe: ankommen, und das ist mir bisher immer gelungen.
Letztendlich glaube ich auch nicht, dass es eine Frage des Alters ist, es gibt in allen Altersklassen solche und solche, was ich persönlich in den vielen Jahren, in denen ich laufe, oft genug erlebt habe – es ist wie im “ richtigen “ Leben !
In diesem Sinne laufe ich weiter und weiter und weiter………….. 😎
Da hast du Recht Margitta
Das Leben ist schließlich laufenswert 😉
Diese Nachlese wirkt auf mich etwas befremdlich, Steve. Das liegt wohl daran, dass ich mich wirklich so wenig für Wettkämpfe interessiere. Bei den wenigen, an denen ich teilnehme, interessiere ich mich nicht einmal dafür wer sie gewonnen hat. Ich laufe halt auch jeden Wettkampf im Prinzip nur als Event. Deswegen juckt mich das alles nicht, ich sehe mich in keinerlei Erklärungsnöten und da bin ich auch sehr froh drum.
Was mir grundlegend auf den Keks geht, ist dass bei solchen Themen und Diskussionen wir Deutschen es immer wieder schaffen uns selber anzuätzen und immer andere Nationen als lockerer und unverkrampfter zu sehen. Ich sehe das nicht so und außerdem kann sich jeder da an seine eigene Nase packen.
Also immer schön locker bleiben
VGV
Hi Volker,
befremdlich…das kann natürlich sein.
Keine Angst, ich bin mit dem Thema jetzt dann erst mal durch. 😉
Ich finde andere Nationen, gerade die Amerikaner, in der Tat lockerer, aber das ist eben auch das, was den Sport ausmacht und jede Nation ist eben anders.
Wenn man dann noch die Kontinente vergleicht, dann wird es vielleicht noch viel deutlicher.
Die „German Gründlichkeit and Pünktlichkeit“ gibt es eben nur bei uns. Das bringt natürlich viele Vorteile, aber ab und an schaffen wir es dann vielleicht auch nicht mal Fünfe gerade sein zu lassen.
Aber auch das gehört eben dazu und am Ende zählt sowieso nur, ob wir Spaß hatten und darauf soll es ja auch ankommen.
Jeder ist anders und das ist auch gut so!
Viele Grüße aus den Bergen
Steve
Hi Steve,
wieder ein sehr engagierter Bericht. Sehr akribisch. Aber sehr subjektiv und auch für mich (wieder) tlw. befremdlich. Der Letzte hat mich schon etwas „gepfumfert“…. Ich denke der erste Schritt in die Lässigkeit ist jedem seine Art zu lassen wie er seinen Spaß am Sport im allgemeinen findet. Jeder hat unterschiedliche Lebensumstände, Voraussetzungen und Träume. Das ist ganz einfach alles eine Typfrage.
Zudem hat nicht jeder die Berge vor der Haustür. Für mich haben die Events in den Bergen deswegen und mangels Zeit schon einen hohen Stellenwert. Wenn man 3-4 mal im Jahr wertvolle Zeit dafür verwendet und weite Anreisen in Kauf nimmt, dann soll’s halt auch im Wettkampf subjektiv passen. Ich mache nun schon viele Jahre mein Ding auf die gleiche Art. Druck mache ich mir höchsten selbst. Und ich habe Spaß an meinem Druck und meinen Zielen. Trailrunner/innen haben Charakter meine bzw. hoffe ich. Die machen sich Druck nur selbst. Wenn überhaupt.
Und wenn ich heuer auch wieder mit voller Leidenschaft das Beste aus meinen bescheidenen Möglichkeiten rausholen möchte habe ich trotz meines Alters keine Midlifecrisis. Das zu verallgemeinern finde ich nicht gut. Nein. Jeder hat halt so seinen Style. Ob 30 oder 50. Der eine will einfach dabei gewesen sein oder genießt die Natur. Ein anderer hat halt zudem Spaß daran sich ständig auszupowern. Ich meine gut ist was jedem gefällt.
Was ich auch nicht gut finde, und da bin ich ganz bei dir oder auch bei der Sabrina, wäre ein abschätzendes Vergleichen. Ob das aber auch häufig der Fall ist ?
Ich habe über die Jahre sehr viele positive, offene und tolerante Typen kennen gelernt.
Verbissene Selbstdarsteller eher keine. Im Verhältnis gesehen zu dem was sonst im Alltag so um einen rumkreucht, eigentlich fast nur super Typen. Ein absolut wichtiger und positiver Aspekt für mich an der Sache. Eine solch dunkle Brille ist deswegen meiner Meinung nach nicht nötig.
Beim Thema deutsche Verkrampftheit bin ich auch ganz beim Vorschreiber.
Das du etwas tiefer über’s Trailrunning sinnierst finde ich trotzdem sehr gut.
Einfach ganz lässig bleiben und jedem seinen Spaß lassen
lieben Gruß aus dem Flachland
Martin
Hey Martin,
vielen Dank für deinen ausführlichen Kommentar den ich voll und ganz nachvollziehen kann.
Bitte nicht falsch verstehen, aber ich will niemanden seine Art den Sport zu betreiben abstreiten und vorschreiben wie man zu laufen hat, es ging mir eben nur um die Veränderungen die man in letzter Zeit spürt.
Ich dachte, es könnte am Alter liegen, aber meine Theorie mit den jungen Leuten wird durch die dargestellten Zahlen widerlegt.
Ich mag Zahlen und nehme sie dann auch mal gerne als Begründung und provokative Behauptung her, will damit aber nicht sagen, dass Läufer jenseits der 40 ein Problem mit sich selbst haben. 😉 Ich hoffe das kommt nicht so rüber.
Die Zahlen haben meine ursprüngliche Theorie entkräftet und daraus habe ich einfach mal eine umgekehrte Behauptung gemacht.
Wenn ich mir meinen Bekannten- und Freundeskreis anschaue, dann trifft diese Behauptung auf niemanden zu, aber die blanken Zahlen behaupten eben erst einmal das Gegenteil.
Ähnlich zu einem Artikel den ich vor zwei Jahren mal über den ZUT verfasst habe, ist es schön was man mit Zahlen alles zeigen kann, aber der tatsächliche Beweis in der Praxis schlägt dann meist Fehl, denn der Trailrunner lässt sich nicht berechnen. 😉
Den Aspekt mit den 3-4 Rennen in der Bergkulisse und der wertvollen Zeit finde ich sehr gut. Aus dieser Perspektive habe ich es noch garnicht betrachtet.
Danke für die Darstellung dieser Sichtweise, die vielleicht ein Stück weit erklärt, warum es eben Leute gibt, die etwas verbissener an die Sache gehen.
Man könnte jetzt mal die Zahlen der Läufer mit den verschiedenen Regionen in Deutschland…
…ach lassen wir das 😉
Und jetzt gehts wieder lässig weiter…
…genug den Kopf zerbrochen und gemeckert.
Viele Grüße aus Bad Reichenhall und bis zum nächsten Mal
Steve
Du wirst Roth lieben! Mehr Leidenschaft auf einem Fleck geht schwer! Wenn deine Frau dabei ist schau am Samstag schon beim Challenge Women vorbei – sind zwar nur 5k und die auch nicht sonderlich trailig, aber DAS ist purer Spaß am Laufen!
Und nicht vergessen: Immer schön den Streckenposten und Helfern winken und danken! 😉 SPREAD the Passion!
Oh yeah…das klingt cool.
Mal schauen ob es sich dieses Jahr ausgeht…danke dir Andrea.
Viele Grüße
Steve