Großglockner Ultra-Trail 2017

Einmal um den höchsten Berg Österreichs. 110 Kilometer mit 6500 Höhenmetern. Der Großglockner Ultra-Trail leitet dieses Jahr meine Rennsaison ein. Mein erstes Rennen 2017 und dann gleich solch ein Brett.

Ob das so eine gute Idee ist?
110 Kilometer sind schon ganz schön lang!
Die Strecke geht rauf bis auf 2900m!
Dort oben ist es bestimmt kalt!
Das wird lang!
Sind Sub 22 eine zu arembitionierte Zeit?

Viele Gedanken gehen mir vor dem Start in Kaprun durch den Kopf. Rein von den „Trainingskilometern“ und „Trainingshöhenmetern“ liege ich absolut im Soll. Aber ob als Saisoneinstig ein solcher Ultra die beste Wahl ist, das bereitet mir ab und an etwas Kopfzerbrechen.
Aber im Prinzip geht es ja nur darum, einen Fuß vor den anderen zu setzen, und das Ganze ein paar tausend Mal.
35 Kilometer (mit 2100 Höhenmeter), das war in diesem Jahr mein bisher längster Lauf.
Aber im Prinzip muss ich jetzt einfach nur drei Mal so weit laufen und Höhenmeter sind’s auch nur drei Mal soviel…easy! 😉

Im Prinzip ist also alles ganz einfach und irgendwie wird es schon werden. Dann setzen wir einfach mal die Theorie in die Praxis um.

Großglockner Ultra-Trail

23:00 Uhr, die Stirnlampen leuchten und das Starterfeld setzt sich pünktlich in Kaprun in Bewegung. Einmal im Uhrzeigersinn um den Großglockner.
Die Temperaturen sind angenehm und kurz/kurz war definitiv die richtige Wahl, zumal es ja sowieso nach 1,5 relativ flachen Kilometern durch Kaprun, mit dem ersten Anstieg beginnt.
Trail wechselt sich mit Forststraße ab und so legen wir auf den ersten 10 Kilometern auch knapp 1000 Höhenmeter zurück, bevor wir uns an den ersten Downhill das Tages, hinunter nach Fusch machen.
Nun wartet der erste richtige Anstieg auf uns. Es geht hinauf zur Unteren Pfandlscharte auf 2600m. Zunächst bleibt der Anstieg aber erst einmal moderat und ich schaffe es sogar viele Stücke zu laufen. Nach 21 Kilometern kommen wir an der Verpflegungsstation Ferleiten an. Ich liege gut in der Zeit und gönne mir einen kurzen Blick aufs Handy um zu erfahren, wo im Feld ich mich nun ungefähr befinde. Als da irgendwas von Top 50 steht kann ich es eigentlich nicht wirklich glauben, denn ich hätte nicht vermutet, dass ich im Laufe des ersten Anstiegs doch noch so viele Leute hinter mir gelassen habe.
Wie dem auch sei, ich nutze diese Information als Motivator um das Tempo weiterhin so beizubehalten, in der Hoffnung, dass es sich nicht irgendwo auf der Strecke rächt.

Nach Ferleiten wird der Anstieg dann giftiger und die weit oben aufleuchtenden Stirnlampen tragen nicht unbedingt zur Motivation bei. Auf den letzten schätzungsweis 300 Höhenmetern müssen wir sogar über ein Schneefeld aufsteigen, was verdammt viel Kraft und Nerven kostet. Gefühlt stehe ich vor einer Wand und komme keinen Schritt vorwärts.
Dann ist es geschafft und die Untere Pfandlscharte ist erreicht. Jetzt geht es bergab zur nächsten Verpflegungsstation am Glocknerhaus.
Gleich zu Beginn des Downhills spüre ich ein Stechen im Bereich des rechten Knies. Diesen Schmerz kenne ich; erste Anzeichen von ITBS. Das hatte ich schon Mal und habe es mit Übungen, Blackroll und Dehnen wunderbar in den Griff bekommen. In den letzten Wochen und Monaten habe ich aber alles vernachlässigt, da ich keine Probleme mehr hatte…und jetzt rächt es sich wohl. Durch Variation der Belastung schaffe ich es aber einen einigermaßen akzeptablen Laufstil zu finden, auch wenn der alles andere als rund ist.

Durch verblocktes Gelände und über einen schmalen Singletrail geht es nun hinunter zum Glocknerhaus. Langsam geht die Sonne auf und das Zwischenziel lässt sich halbwegs erahnen.

Am Glocknerhaus angekommen das übliche Prozedere. Leere Smoothiepackungen entsorgen, Wasser auffüllen, ISO trinken, Salz und Magnesium zuführen und weiter. Ergänzt wird das Programm nun durch ein paar Dehnübungen um das Knie wieder etwas zu beruhigen.
Wir queren den Staudamm am Glocknerhaus und machen uns nun an den Aufstieg zur nächsten Scharte; die Pfortscharte.

Das Morgenrot verrät, dass es eventuell etwas unbeständiger werden könnte und der vorhergesagte Regen mit Gewittern uns durchaus erwischen kann.
Die Landschaft hier oben ist der Wahnsinn und die Trails machen richtig Spaß. Zwar geht mir das teils verblockte Gelände etwas auf die Nerven, aber das ist jetzt Jammern auf hohem Niveau.
Auf knapp 2500m ziehen dann dichte Wolken auf, der Wind frischt auf und es beginnt zu regnen. Kurze Zeit spät ein Donnergrollen. Mir wird mulmig. Jetzt, hier, ein Gewitter. Darauf habe ich ja absolut keine Lust. Der Regen wird heftiger und der eisige Wind sorgt dafür, dass ich innerhalb kürzester Zeit bis auf die Knochen nass bin. Bis zur Salmhütte ist es nicht mehr weit. Notfalls werde ich mich dort unterstellen und auf besseres Wetter warten. Vielleicht brechen sie das Rennen auch ab oder unterbrechen für eine gewisse Zeit.
An der Salmhütte angekommen lässt der Regen nach. Es bliebt zum Glück bei diesem einen Donnergrollen. Ich hole meine Handschuhe aus dem Rucksack, versuche sie über die steifen Finger zu ziehen und mache mich weiter an den Aufstieg zur Pfortscharte.
Dieser Anstieg hat es in sich. Ich verfluche jeden Meter und habe das Gefühl nicht vorwärts zu kommen. Weiter oben sieht man immer wieder vereinzelte Läufer, die vermuten lassen, wo es langgeht. Das ist hart…verdammt hart.

Endlich oben angekommen zögere ich nicht lange und mache mich gleich an den Abstieg hinunter zum Lucknerhaus. Fotos gibt es von hier keine, da ich die Handschuhe nicht ausziehen wollte.
700 Höhenmeter über Geröll und Singletrais geht es die folgenden 4 Kilometer nach unten. Am Lucknerhaus angekommen gönne ich mir eine Suppe um den Körper wieder in Schwung zu bringen…es gibt zum jetzigen Zeitpunkt definitiv nichts Besseres.

Nächster Stopp Kals. Dropbags. Start der 50k Läufer.
Aber davor liegt nochmal ein Anstieg über 250 Höhenmeter. Klar, denn irgendwie müssen wir ja auch auf die ausgewiesenen 4500 Höhenmeter auf den ersten 60 Kilometern kommen…wahnsinnsinnig steil!

Der anschließende Downhill hinunter nach Kals läuft ganz gut und die Sache mit dem Knie hat sich auch gut eingespielt. Das Wetter klart wieder auf und die ursprünglichen Gedanken, in Kals auszusteigen, sind verflogen.

Kals! Große Verpflegung! Dropbag!
Frisches T-Shirt und Wechsel von New Balance Leadville V3 auf Salomon Sense Ride.
Leider gibt es hier auch keine Cola, sondern nur RedBull-Cola, was irgendwie aber nicht unbedingt mein Fall ist. Klar, der Durst treibt es rein, aber Cola wäre mir jetzt irgendwie lieber.

Raus aus dem Checkpoint und rauf auf den zweiten Teil der Strecke des Großglockner Ultra-Trail. Wir laufen quasi jetzt auf der Strecke des 50k Glockner Trail. Bezüglich dem Projekt sub 22 liege ich noch sehr gut in der Zeit und jetzt kommt ja eigentlich auch der „flachere“ Teil der Strecke. Da geht bestimmt noch was…oder?
Die Kalser Tauern sind das nächste Ziel und mit einem kurzen Blick auf das Höhenprofil ahne ich schon wie das wird.

Es geht aber erst mal moderat weiter mit vielen laufbaren Passagen.

Ab dem Kalser Tauernhaus, wo man nochmal das Wasser auffüllen kann und sich bestimmt auch etwas zu trinken kaufen könnte…
…ah, da war doch was. Meinen Notgroschen habe ich zu Hause gelassen, da ich ihn noch nie gebraucht habe. Das habe ich jetzt davon, denn eine Cola wäre sich sicher ausgegangen. Einmal und nie wieder. In Zukunft nehme ich wieder Geld mit!

Nach dem Kalster Tauerhaus wird der Anstieg dann steiler und das Gelände wechselt.

Eine ziemlich geniale Landschaft. Ich bin froh, dass die Wolken die Sonne verdecken, denn in 30 Grad Hitze möchte ich hier nicht laufen. Ich nutze jede Wasserstelle um ein bisschen zu trinken und mein Buff zu befeuchten. Auch wenn die Sonne nicht unmittelbar scheint, Abkühlung tut trotzdem gut.
Der letzte Abschnitt des Anstiegs ist dann mal wieder die Hölle. Keine Ahnung warum das so steil ist. 7-10 Höhenmeter die Minute sagt meine Uhr; ziemlich langsam. Das geht eigentlich schneller. Wahrscheinlich zahle ich jetzt den Preis für das hohe Anfangstempo.
Aber jeder Anstieg ist irgendwann mal vorbei und im Normallfall wird man dann auch mit einer tollen Aussicht belohnt.

Bis zum Berghotel Rudolfshütte, der nächsten Verpflegungsstation, ist es nur ein kurzer Downhill mit einem kleinen Gegenanstieg.
Hier sind am Morgen die Läufer des 30k Gletscherwelt Trail gestartet.
Ich gönne mir wieder eine Suppe und mache mich dann an den finalen Anstieg.
Das Kapruner Törl wartet und mit Blick auf den Höhenprofil…ach lassen wir das.

Zunächst gibt es noch einen kurzen, sehr verblockten Downhill mit einer anschließenden flachen Passage und dann beginnt der finale Anstieg. Die letzten 600 Höhenmeter des Großglockner Ultra-Trail, eigentlich ein Klacks…eigentlich!

Wir quälen uns Meter für Meter nach oben. Ich bin froh, dass es nicht nur mir so geht, sondern auch dem Polen, der mich überholt, bevor ich ihn wieder überhole, so dass er mich wieder überholen kann.
Wir gönnen uns einige Pausen, sogar mit hinsetzen, denn dieser Anstieg zieht uns sonst den Stecker.

Nach ungefähr der Hälfte des Anstiegs wird dann klar, wo wir hin müssen, denn ganz rechts, erkennt man einen vermeintliche Übergang über den Berg, man sieht einen Trail und darauf bewegen sich Läufer…ok, da müssen wir also hin…verdammte Sch$&§?!
Was nun folgt es der langsamste Kilometer des Rennens.

Wie seelenlose Körper wandeln wir nach oben, Zentimeter für Zentimeter. Ein Fuß vor den anderen und haben es irgendwann geschafft.
Oben angekommen dann die Erlösung. Wir haben es geschafft, ab jetzt geht es nur noch bergab, 25 Kilometer und 1700 Höhenmeter.
Wir starten den Downhilll in sehr verblocktem Gelände, fahren in einem Schneefeld ab, wieder verblocktes Gelände, bis der Trail einigermaßen laufbar wird. Dennoch wird es für mich mehr eine Mischung aus Laufen und Nordic Wallking.

Vorbei an dem Stausee, über die Staumauer, zur letzten Verpflegungsstation; Kapruner Hochgebirgs-Stauseen.
Eine letzte Suppe, ein letztes Mal ISO, nochmal das Wasser auffüllen und dann geht es weiter.
Mal auf dem Trail, dann wieder auf der Straße. Im Racebriefing meinten sie, ab 18:00 Uhr können wir auch durch die Tunnel laufen, da dann keine Autos mehr fahren, aber ich gönne mir trotzdem den kleinen Umweg um die Tunnel herum. Wenn da schon ein markierter Trail ist, dann nutzen wir den auch!

Nach 102 Kilometern geht es dann wieder in die Zivilisation. Jetzt sind es nur noch wenige Kilometer bis ins Ziel nach Kaprun. Ich mobilisiere noch einmal alle Kräfte und versuche so gut es geht durchzulaufen. Über Wander- und Radwege geht es flach zum Ortseingang von Kaprun. Die Strecke zieht sich wie Kaugummi und die Kirche nahe dem Ziel sieht noch so unendlich weit entfernt aus.
Augen zu und durch und dann ist es geschafft.
21:02 Stunden…Ziel erreicht!

Wahnsinn! Was für ein Biest! Ich habe diese Strecke definitiv unterschätzt. Ich dachte, der Lavaredo ist 10 Kilometer länger, dafür hat der Großglockner Ultra-Trail 1000 Höhenmeter mehr, das wird sich schon irgendwie aufwiegen.
Denkste!
Die Anstiege waren echt brutal und haben mir alles abverlangt. Ein Glück war es bewölkt und nicht so heiß.
Aufgrund des Gewitters am Morgen waren manche Läufer sogar von einer kurzen Unterbrechung betroffen und mussten im Glocknerhaus warten. Gegen 23:30 Uhr ist dann ein heftiges Gewitter aufgezogen und der Veranstalter hat sich aus Sicherheitsgründen dafür entschlossen das Rennen abzubrechen. So wie es in den Ergebnissen aussieht, sind wurden die verbliebenen Läufer an den Verpflegungsstationen aus dem Rennen genommen und war schon auf dem finalen Downhill ins Ziel war, hat sich durchgekämpft…Respekt!

Eine geniale Veranstaltung! Sehr gut organisiert, perfekt markiert, herrliche Strecke.
Zwei kleine Kritikpunkte:
Die englische Übersetzung des Racebriefings war nicht das Gelbe vom Ei. Da waren einige Fehler drin.
Cola! Cola wäre echt super gewesen.

Eins steht fest. In seiner dritten Austragung hat der GGUT bewiesen, dass er das Zeug hat, ein ganz großes Rennen in den internationalen Rennkalendern zu werden.

Hier geht es zum GGUT-is-a-beast-move!

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